Anwendung von ExTraCAD- Analysemodule



Wozu nützen Schnittgrößen und die Verformung?

Die Darstellung der Verformung hilft Euch ganz einfach, zu verstehen, wie sich Euer Tragsystem prinzipiell verhält. Um Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen ist es allerdings oft besser, die Momenten- und Längskraftverteilung zu betrachten, am besten im Vergleich mehrerer Varianten. Hier ein paar allgemeine Tips:


  • Kraftfluß über Längskräfte ist ökonomisch wesentlich günstiger als über Biegung (Momente). Zug ist günstiger als Druck, weil dort kein Knicken berücksichtigt werden muß.
  • Große Momente erfordern große Querschnitte. Große Momente an geknickten Anschlüssen erfordern einen hohen konstruktiven Aufwand.
  • Momente werden vermieden, indem man das betreffende Tragelement in Zug- und Druckstäbe auflöst (Fachwerk). Aber: Bevor Ihr ein Fachwerk zeichnet, solltet Ihr zunächst den Kraftverlauf des Tragsystems anhand der Momentenlinie verstanden haben - man kann dann gegebenenfalls die Form des Fachwerks an den Momentenverlauf anpassen. So kann man auch die Form unter- bzw. überspannter Tragwerke entwickeln.
  • Momente an Knotenpunkten werden vermieden, indem man den Anschluß gelenkig ausbildet. Das geht natürlich nur, wenn das Tragsystem dann weiterhin statisch bestimmt ist, also an anderen Stellen gehalten wird.
  • Momente verringern bzw. positive und negative Momente an einem Stab ausgleichen kann man, indem man Stützungen verschiebt (z.B. bei einer Aufhängung), einen Gelenkpunkt an geeigneter Stelle einfügt (z.B. Dreigelenkrahmen) oder indem man die Steifigkeiten der Querschnitte ändert. Je größer ein Querschnitt, desto mehr Momente zieht er an.
  • Wenn Ihr einen Rahmen konstruiert (d.h. ein Tragsystem mit zwei Auflagern, die Horizontalkräfte aufnehmen), könnte Ihr auch die Stützlinie benutzen um eine wenig biegebeanspruchte Konstruktion zu entwickeln.
  • Die Darstellung der Längskraft zeigt die Unterscheidung zwischen Zug- und Druckstäben (schaltet die symbolische Darstellung Zug/Druck ein). Manchmal kann man durch Umdrehen von Diagonalen eine Zugbeanspruchung erreichen.
  • Nur Zugbeanspruchte Stäbe können auch als Seile ausgebildet werden - achtet dann aber darauf, auch einen Windlastfall (Horizontale Kräfte oder Sog) zu untersuchen - es kann natürlich sein, daß dann die Seile gar nicht mehr beansprucht werden - das Tragwerk muß aber trotzdem halten.



Verformung, Momente, Längskraft, Querkraft

Schnittgrößen werden so dargestellt, daß für jeden Stab die positiven Momente bzw. die Druckkräfte an der Seite gezeichnet werden, wo sich die gestrichelte Linie befindet. Wenn Ihr Euch die Schnittgrößen oder Verformung anzeigen laßt, dann erscheint auf dem Bildschirm ein Werkzeugkasten, mit dem Ihr folgendes ausführen könnt:
  • Masstab verkleinern, vergrößern oder auf die Zeichnung anpassen, bzw. gewünschten Maßstab wählen. Automatisch wird immer der vorherige Maßstab übernommen, damit der Vergleich leichter fällt.
  • Informationen zu einzelnen Stäben anzeigen - dies funktioniert noch nicht, Ihr könnt Euch aber die gesamten numerischen Ergebnisse anschauen.
  • Schnittgrößen kann man sich auch für einzelne Stäbe anschauen, falls die Gesamtdarstellung zu verwirrend ist.
  • Für die Längskraft kann man auch eine symbolische Darstellung von Zug/Druck wählen, dann fällt die Unterscheidung leichter.
  • Aktuelle Variante mit bereits gespeicherten Varianten vergleichen. - Beide Varianten werden dabei im selben Maßstab dargestellt.


Hinweis: Wenn die Verformung eines Tragsystems viel zu groß ist (Hinweisfenster), dann liegt es wahrscheinlich daran, daß die Querschnitte viel zu klein oder die Lasten viel zu groß (Eingabe in kN/cm!!) gewählt sind. Klappt es trotzdem nicht, müßt Ihr überprüfen, ob alle aufeinandertreffenden Stäbe tatsächlich einen gemeinsamen Endpunkt haben (Zoomen).
Hinweis: Wenn ein System statisch unterbestimmt, also instabil ist, findet keine Berechnung statt. Wenn Ihr das Problem nicht sofort selbst erkennt, könnt Ihr entweder die Animation des Einsturzes anschauen oder die Abstraktion des Tragwerks aufrufen, die die Instabilität analysiert und Tips für die Fehlerbehebung gibt.



Auflagerkräfte

Auflagerkräfte werden zunächst als Resultierende von Horizontal- und Vertikalanteil gezeichnet. Falls die Resultierende nicht durch das Auflager geht, heißt dies, das dort ein Moment auftritt (einspannendes Auflager). Je größer der Abstand zum Auflager, desto größer ist das Moment.
Am rechten Bildschirmrand kann man die Darstellung beeinflussen:
  • Wirkungslinien anzeigen lassen
  • Getrennte Pfeile: Horizontal- und Vertikalkraft separat. Momente werden dann als Drehpfeil dargestellt.



Vorhandene Spannungen

Diese Funktion lohnt sich erst, wenn Ihr den prinzipiellen Entwurf Eures Tragwerks gefunden habt und sicher seid, daß auch alle Lasten stimmen. Für die gewählten Querschnitte Eures Tragsystems könnt Ihr die Spannungen (aus Biegung und Längskraft) berechnen lassen. Diese werden mit den zulässigen Spannungen verglichen. Die roten Punkte bedeuten, daß ein Stab unterbemessen ist. Falls Ihr daraufhin die Querschnitte ändern wollt, bietet sich als einfachstes die Funktion
Profilgrösse ändern an.
Wenn Ihr genaue Werte wissen wollt, dann seht Euch die numerischen Ergebnisse an.
Wichtiger Hinweis: Leider kann der Spannungsnachweis bis jetzt nicht das Knicken von Druckstäben berück-sichtigen (Es ist schwierig, die Knicklänge automatisch zu ermitteln). Seht deshalb eine gewisse Reserve für druckbeanspruchte lange Stäbe vor.



Automatische Dimensionierung

  • Die automatische Dimensionierung benötigt lediglich Angaben zum gewünschten Material der einzelnen Stäbe. Zur Zeit ist das im Programm so realisiert, daß Ihr zunächst jedem Stab einen Querschnittstyp mit dem gewünschten Material und beliebigem zuordnet. ExTraCAD ermittelt dann den erforderlichen Querschnittstyp nur aufgrund der Materialzuweisung.
  • Die Ergebnisse werden z.Z. nur über die Stabbreiten dargestellt - wir arbeiten an einer automatischen Darstellung der erforderlichen Querschnittstypen. Ihr könnt Euch aber die numerischen Ergebnisse anschauen.
  • Wie schon in den Grundkenntnissen zu Stabtragwerken erklärt, ist die automatische Vordimensionierung eine heikle Angelegenheit. Wir haben ein Verfahren entwickelt, daß zunächst Querschnitte schätzt und dann in vielen Proberechnungen versucht, die günstigsten Profilgrößen zu ermitteln. Für statisch bestimmte Tragwerke sind die Ergebnisse eindeutig und richtig. Bei komplexen statisch unbestimmten Tragwerken müßt Ihr kritisch sein, da es dafür prinzipiell viele Möglichkeiten der Dimensionierung gibt und ExTraCAD nicht unbedingt die beste vorschlägt.



Stützlinie

  • Die Stützlinie gibt eine sehr anschauliche Methode, das Tragverhalten von Rahmen beurteilen zu können (s. Führer,Ingendaij,Stein. Entwerfen von Tragwerken. Rudolf Müller Verlag 1998).
  • Die Form der Stützlinie entspricht der umgekehrten Seillinie, sie ist also lediglich von den Belastungen abhängig. Im Falle einer gleichmäßigen Belastung ist die Stützlinie also eine Parabel. Die Form der Stützlinie zeigt Euch ExTraCAD. Der senkrechte Abstand zwischen Stützlinie und Tragsystem zeigt direkt die Größe des Moments an dieser Stelle (das könnt Ihr leicht nachvollziehen, indem Ihr zuerst die Momente und dann die Stützlinie darstellen laßt).
  • Zur Vermeidung großer Momente könnt Ihr entweder die Geometrie Eures Tragsystems an die Stützlinie anpassen oder aber ein Gelenk an geeigneter Stelle einfügen, das der Stützlinie einen anderen, günstigeren Maßstab gibt, denn sie muß ja durch dieses Gelenk hindurchlaufen, weil hier das Moment 0 ist.

Hinweis: ExTraCAD versucht grundsätzlich immer, eine Stützlinie zu zeichnen, sobald ein Tragsystem horizontale Auflagerkräfte hat. Ob das im Einzelfall tatsächlich Sinn macht, müßt Ihr selbst beurteilen.



Stabbreiten

Da es nicht immer einfach ist, die Gestalt eines Tragwerks nur anhand der Systemlinien zu beurteilen, kann man sich hier die wahren Höhen der einzelnen Stäbe anschauen.



Statische Bestimmtheit



Abstraktion des Tragwerks

Die Abstraktion ist eine Methode, die das Tragwerk auf visuell auf seine wesentlichen Tragstrukturen reduziert, damit das Tragverhalten besser verständlich wird. Sie ist vor allem eine Hilfe bei instabilen Systemen, verdeutlicht aber auch die Funktionsweise stabiler Tragsysteme. Dahinter stecken folgende Ideen:
  • Alle Scheiben des Tragsystems werden flächig ausgefüllt dargestellt - sie verhalten sich so, als ob sie "massiv" ausgeführt wären (eine Scheibe ist z.B. ein Dreieck aus Stäben, das in sich immer biegesteif ist).
  • Alle einander anschließenden Scheiben und biegesteif anschließenden Stäbe werden in der gleichen Farbe flächig ausgefüllt.
  • Ergebnis ist ein Bild, das die Hauptscheiben und Hauptgelenke des Tragsystems verdeutlicht. Hauptscheiben sind also die Stabgruppen , die in sich nicht beweglich sind. Die Hauptgelenke sind diejenigen Knoten des Tragsystems, an denen eine Bewegung stattfinden kann.


Zur Zeit gibt es vier verschiedene Arten der Darstellung bei der Abstraktion des Tragwerks, die nacheinander aufgerufen werden können. Versucht selbst, welche Darstellung für Euch am verständlichsten ist und teilt mir das bitte mit.

Hinweis: Zur Darstellung der Abstraktion des Tragwerks werden lediglich die Geometrie der Stäbe, die Gelenke und die Auflager benötigt. Das bedeutet, daß ExTraCAD davon ausgeht, daß eventuell vorhandene Seile auch tatsächlich wirksam, also durch Zug belastet sind. Es gibt natürlich Lastfälle, bei denen dies nicht der Fall ist. Dann müßt Ihr zunächst die Längskraft des Tragsystems für den zu untersuchenden Lastfall berechnen und danach die Abstraktion des Tragwerks aufrufen. Dann berücksichtigt ExTraCAD die schlaffen (gestrichelten) Seile nicht mehr.



Stabile Systeme (statisch bestimmt oder statisch überbestimmt):

Bei dieser Darstellung wird ein Fachwerkträger zu einem massiven Element. Ihr seht also zum Beispiel, daß Ihr im Prinzip einen Träger auf zwei Stützen konstruiert habt. Ein abgespannter Rahmen macht deutlich, daß es sich eigentlich um einen Zweigelenkrahmen handelt, der sehr massive Ecken hat.



Instabile Systeme (statisch unterbestimmt):

Bei instabilen Systemen hilft diese Darstellung, das Problem zu erkennen und in geeigneter Weise zu beheben. Allgemein kann man nämlich sagen, daß ein instabiles System entweder zu viele Hauptgelenke hat, oder aber daß das System nicht ausreichend durch Auflager gehalten ist.
Durch folgende Maßnahmen kann man die Statische Bestimmtheit jeweils um 1 erhöhen:

  • Entfernen eines Hauptgelenkes zwischen zwei Hauptscheiben. (alle anderen Gelenke haben keine Bedeutung für die Stabilität)
  • Erhöhung der Wertigkeit eines existierenden Auflagers ("verschieblich" -> "fest" oder "fest" -> "einspannend")
  • Hinzufügen eines verschieblichen Auflagers.



Animation des Einsturzes instabiler Systeme

Die Animation befindet sich noch in der Entwicklung, deshalb funktioniert sie vielleichat nicht für alle statisch unterbestimmten Systeme. Versucht es - wenn's klappt, ist es lustig anzuschauen und überdies sehr aufschlußreich zum Verstehen des Tragsystems.
Es ist sehr hilfreich, wenn Ihr mir die Zeichnungen von Tragsystemen, die Probleme bereiten, per mail zuschicken würdet.


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