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Entwickelt
von
Finanziert durch:
Deutsche
Übersetzung:
im Rahmen des Seminars „Entwerfen mit Bambus“, Lehrstuhl für
Tragkonstruktionen, RWTH Aachen
Néstor Espinosa Mitjanas, Matrikel-Nr.: 25 56 99
Thiemo Ebbert, Matrikel-Nr.: 22 22 91
Aachen, 20.01.04
Anmerkung der Übersetzer:
Das
vorliegende Handbuch soll den Menschen in Mittel- und Südamerika als Planungs-
und Ausführungshilfe beim Bau von einfachen Wohnhäusern dienen. Es ist so
verfasst, dass insbesondere Laien es verstehen und behandelt ausführlich viele
Grundlagen, die für Architekten als selbstverständlich gelten.
Die Zielgruppe dieser Übersetzung jedoch sind Architekturstudenten und
Architekten. Daher verzichten wir auf einige der für diese Gruppe trivialen
Kapitel (im Inhalt grau dargestellt), wie „Was
ist ein Erdbeben?“, „Durchgehende Lastabtragung“ und „Wie baut man ein
Streifenfundament?“. Auch die Beschreibung des Baustoffes Guadua setzen wir
als bekannt voraus, vgl. bambus.rwth-aachen.de.
Statt dessen befassen wir uns intensiver mit den Kapiteln über Bauelemente und
Konstruktionsdetails.
Kapitel I Was heißt Erdbebensicheres Bauen von Wohnhäusern?
Kapitel II
Kapitel III
Kapitel IV Wände
Kapitel V
Kapitel VI Stützen
Kapitel VII Dächer
Kapitel VIII Verbindungen
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Regelmäßige Form Die Gebäudegeometrie sollte sowohl im Grundriss, wie auch im Aufriss, einfach gehalten werden. Komplexe, unregelmäßige Formen, sowie Asymmetrien verhalten sich negativ bei Erdstößen. Unregelmäßige Geometrie fördert Torsion oder Verdrehungen des Bauwerkes. Ferner können an Ecken hohe Kraftkonzentrationen entstehen, denen das Gebäudes nicht standhält.
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Geringes Gewicht Je leichter ein Gebäudes ist, desto weniger Kräfte muss es im Falle eines Erdbebens aufnehmen. Geraten große Massen in Bewegung, verstärken sie die einwirkende Kraft des Bebens. Ein schweres Dach, zum Beispiel, wirkt wie ein umgedrehtes Pendel und führt zu starken verformenden Kräften in der tragenden Konstruktion.
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Große Steifigkeit Eine Konstruktion darf sich bei einem Erdbebens nur minimal verformen. Eine weiche oder biegsame Konstruktion würde sich übermäßig verformen. Dabei entstünden Schäden an tragenden Bauteilen oder Ausbauteilen und Installationen, die in der Regel nur geringe Biegung aufnehmen können.
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Gute Stabilität Bei Einwirkung der Vibrationen eines Erbebens müssen Gebäude immer noch in der Lage sein, das Gleichgewicht zu halten. Bei mangelhafter Gründung besteht die Gefahr des Kippens oder Weggleitens eines Gebäudes. Bei ungenügendem Abstand zwischen benachbarten Gebäuden löst der Einsturz eines Hauses oft eine Kettenreaktion aus und bringt andere mit zu Fall.
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Fester Baugrund und gute Gründung Das Fundament eines Hauses muss in der Lage sein, die eingeleiteten Kräfte sicher in den Baugrund zu übertragen. Ebenso wichtig ist, dass der Grund diese Kräfte aufnehmen kann. Weiche Böden verstärken seismische Wellen und fördern Setzungen, die der tragenden Konstruktion schaden.
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Geeignete Konstruktion Damit ein Gebäude einem Erdbeben standhält muss das Tragwerk stabil, symmetrisch, einheitlich und durchgehend, oder zu mindest fest verbunden, sein. Grobe Unterschiede in Dimensionen oder Steifigkeiten, ungeordnete Lastverteilung oder große Kragarme fördern gefährlich Kraftkonzentrationen, Torsionsspannungen und Deformationen, welche zu großen Schäden oder dem Einsturz eines Gebäudes führen können.
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Kompetente Materialien Hochwertige Materialien garantieren die nötige Fähigkeit des Gebäudes jene Energien zu absorbieren, die bei Erschütterungen in es eingeleitet werden. Zerbrechliche und unregelmäßige Materialien neigen eher zum Versagen. Lehmwände oder Wände aus unbewehrtem Lehmziegel-, Ziegel oder Hohlblockmauerwerk sind äußerst gefährlich. Unbewehrtes Mauerwerk eignet sich nur zur Ausfachung eines Stabtragwerkes.
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Qualität der Konstruktion Neben der Wahl der richtigen Materialien und der richtigen Gestaltung, ist eine gute Bauleitung, technische Überwachung und Qualitätskontrolle unerlässlich. Ein Erdbeben findet mit Sicherheit die Nachlässigkeiten und Fehler, die beim Bau begangen wurden.
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Fähigkeit Energie zu absorbieren Die Konstruktion muss in der Lage sein durch Erdbeben hervorgerufen Deformationen in ihren Komponenten aufzunehmen, ohne dass dabei größere Schäden entstehen. Wenn ein Gebäude nicht flexibel und gleichzeitig robust ist besteht die Gefahr, das es bereits beim Beginn eines Erdbebens Schaden durch Deformation nimmt. Eine starre Konstruktion birgt die Gefahr plötzlich und ohne Vorwarnung einzustürzen.
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Befestigung der Ausbauteile und Installationen Ausbauteile, wie Trennwände, Fassaden und Fenster, sowie haustechnische Installationen müssen gut befestigt werden und dürfen die tragende Konstruktion nicht beeinflussen.
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Die Wände in ein- und zweigeschossigen Häusern lassen sich in drei Typen unterteilen:
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Diagonal ausgesteifte tragende Wände Sie bestehen aus Schwelle, Rähm, Stielen und Diagonalstreben. Später werden sie mit Zementmörtel verputzt. Als Putzträger dienen entweder Bambusmatten oder Drahtgewebe. Zusätzlich
zu vertikalen Lasten nehmen diese Wände Horizontalkräfte aus Wind
oder Erdbeben auf. Gebäudeecken, sowie die Enden jeder Wand, müssen
in allen Richtungen mit Diagonalstreben versehen sein.
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Nicht diagonal ausgesteifte tragende Wände Diese Wände bestehen lediglich aus Schwelle, Rähm und Stielen. Sie können nur vertikale Lasten aufnehmen. Sie dürfen sich nicht kreuzen und werden dort erstellt, wo Türen oder Fenster eingebaut werden sollen. Alle tragenden Wände folgen dem Verlauf der Streifenfundamente.
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Nicht tragende Wände Wände, die nichts weiter tragen als ihr Eigengewicht , heißen „Nicht tragende Wände“. Sie haben rein raumgliedernde Funktion. Bei Anschluss an eine orthogonale Wand übernehmen die Geschossdecken die aussteifende Funktion. |
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Ausführung Fachwerkwände setzen sich zusammen aus Bambus und/ oder Schnittholz. Dabei nennt sich das untere horizontale Element „Schwelle“, das obere „Rähm“ und vertikalen „Stiele“. Ein Wandelement kann mit Zementmörtel verputzt werden.
Als Putzträger dient Drahtgewebe, Streckmetall oder ein Bambusgeflecht, welches direkt auf das Ständerwerk genagelt wird. Auch kann eine Kombination der beiden verwendet werden und zunächst die Bambusmatte auf die Ständer genagelt werden und auf diese wiederum der metallische Putzträger.
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Die Dicke der fertigen Wand errechnet sich somit aus dem Durchmesser des Bambus und der Dicke der Beplankung auf beiden Seiten. |
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Die Schwellen müssen mindestens den selben Querschnitt haben, wie die Stiele. Es empfiehlt sich, Rähm und Schwelle aus Schnittholz zu erstellen. Dies ermöglicht einfachere und maßgenauere Anschlüsse. Auch kann Holz Kräfte quer zur Faser besser aufnehmen als Bambus. |
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Auskreuzungen Die
Schwellen eines Wandelementes müssen so mit Geschossdecken und Dach
verbunden werden, dass Horizontalkräfte in die tragenden Wände
eingeleitet werden. Dabei ist besondere Aufmerksamkeit der festen
Verbindung von Deckenplatte und tragender Wand zu schenken.
Auch Geschossdecken und Dachflächen müssen Scheibenwirkung haben und somit diagonal ausgekreuzt werden.
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Wandlängen Zur Verteilung der Kräfte, die bei einem Erdbeben entstehen müssen die Wände folgende Eigenschaften erfüllen.
Minimale Länge: L i≥ 0,17 * Ap dabei ist Li: Gesamtlänge der Wand in einer Richtung ohne Öffnungen Ap: Gesamte Geschossfläche
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Symmetrie der Wände Wände sollten einigermaßen symmetrisch angeordnet sein. Zumindest sollen sie dieser Gleichung entsprechen:
dabei ist Lm: Länge der jeweiligen Wand in Richtung i b: Lotrechter Abstand von jeder einzelnen Wand bis zur Außenkante, des Rechtecks, das die Fläche der Geschossdecke umfasst. B: Die Gesamtlänge der Gebäudeseite rechtwinklig zur betrachteten Wand
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Grundlagen Eine
Geschossdecke muss ständige Lasten, wie auch Nutzlasten tragen.
Ferner übernimmt sie aussteifende Funktion.
Wie im vorherigen Kapitel erwähnt haben Geschossdecken als eine Einheit aussteifende Wirkung. Dafür müssen die einzelnen Elemente der Geschossdecke fest miteinander verbunden werden. Die Geschossdecke selbst muss jedoch nicht biegesteif angeschlossen werden.
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Ausführung Als
obere Schicht empfiehlt sich Zementestrich, bewehrt mit Baustahlmatten
mit einem Mindestquerschnitt von 0,5 cm²/m.
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Bei Geschossdecken aus Schnittholz beträgt der Mindestbalkenquerschnitt 12 / 4 cm bei einer Feldlänge von max. 4,00 Metern und einem Balkenabstand von max. 40 cm. Als Aufbau dienen Holzbretter oder –platten mit einer Mindestdicke von 15 mm. |
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Vertikale Auskreuzungen mit Brettchen verhindern ein Kippen und Beulen der Deckenbalken. |
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Kragarme werden aus durchlaufenden Balken aus Holz oder Bambus hergestellt. |
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Wird die Decke unterseitig verkleidet, muss für eine ausreichende Belüftung des Zwischenraumes gesorgt werden. |
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Grundlagen |
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Ausführung |
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Die Stützen müssen untereinander und mit angrenzenden Mauern verstrebt werden. |
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Abhängig von eingeleiteten Lasten, Feldbreiten und Bauwerksproportionen können Stützen aus einer, zwei oder mehr Bambusstangen bestehen. |
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Tragende Teile müssen auch seitliche Windlasten aufnehmen. Dazu müssen entsprechende Verankerungen und Verspannungen vorgesehen werden. |
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Pfetten und Sparren, die Lasten der Eindeckung auf die Wände übertragen, müssen so dimensioniert sein, dass sie horizontale und vertikale Lasten übernehmen und sie müssen mit dem oberen Abschluss der tragenden Wände fest verbunden werden. |
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Sparren und Pfetten können aus Guadua
oder Schnittholz erstellt werden. Bei Trägern aus Guadua müssen die aufliegenden Enden mit Mörtel verfüllt sein. Wird eine Eindeckung aus keramischen Pfannen aufgebracht, ist direkter Kontakt mit dem Bambus durch Einbau einer Feuchtigkeitssperre zu vermeiden. |
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Alle strukturellen Elemente müssen so
verankert und verstrebt sein, dass sie die nötige Stabilität, aber
auch Flexibilität, bieten, die verschiedenen Lasten aufzunehmen.
Stabverbindungen |
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Nagelverbindungen |
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Bolzenverbindungen Alle
Rohrabschnitte mit Bolzen müssen mit Mörtel verfüllt werden. Zum Verfüllen einzelner Bambussegmente bohrt man den Bambus an zwei Stellen an und füllt den Mörtel mit einem Trichter oder einer kleinen Pumpe ein. Durch die zweite Öffnung kann Luft entweichen.
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Verbindungen
mit Stahlbändern
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Strukturelle
Verbindungen Folgende Anschlüsse werden unterschieden:
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Verbindung
Fundament-Wand Verbindung
mit Schwellen aus Holz
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Verbindung
mit Schwellen aus Bambus Die Lasten werden über den Stützenfuß auf das Fundament übertragen. Zugkräfte werden über eine Bolzenverbindung übertragen. Der Bolzen durchdringt das erste oder zweite Bambussegment. Dieses und das darunterliegende Segment wird mit Mörtel verfüllt, wozu es unten mit einem Knoten abschließen muss. Der Bolzen wird über Flachstahlanker oder Rundstahllaschen, die in das Fundament eingegossen sind, mit diesem verbunden. Diese Verbindung überträgt nur Zug und ist eine Ergänzung des Stützenfußes. Es ist nicht nötig, an einer Stütze in beiden Achsenrichtungen Zuganker anzubringen. Der Stützenfuß muss auch Schubkräfte vom Bambus auf das Fundament übertragen. Dazu muss die Bambusstütze eingefasst werden. Ein solches eingespanntes Auflager muss mindestens alle 4 Meter, an den Ecken des Gebäudes, sowie an großen Öffnungen eingebaut werden. |
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Am besten eignet sich dafür ein Metallrohr mit mindestens 3,2 mm Wandstärke, in welches das Ende des Bambus eingebaut wird. Dieses Rohr wird in das Fundament eingegossen. Um eine schub- und zugfeste Verbindung zu erhalten kann man auch die Bambusstange direkt in das Fundament setzen. Dabei muss allerdings eine bituminöse Abdichtung als Trennung zwischen Bambus und Beton eingebaut werden. |
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Solche Verbindungen funktionieren auch für Stützen aus mehreren Bambusstangen. |
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Verbindungen
von Wandelementen
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Wände
in verschiedenen Ebenen |
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Verbindungen
zwischen Wänden und Dach Bei Konstruktionen aus Bambus müssen die vertikalen Stützen mit den Balken verbunden werden. Dazu wird das oberste Segment der Bambusstütze mit Mörtel gefüllt und in den feuchten Mörtel ein Bolzen eingesteckt. Der obere Rand des Rohres muss mit einer Zwinge gegen Aufreißen gesichert werden.
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Bei elementierten Wänden muss ein umlaufender Balken mit den Wänden verbunden werden, auf den später das Dach aufgesetzt wird. Dieser erhält die Funktion eines Ringbalkens und muss daher an den Ecken verbunden werden. Die Dacheindeckung muss im Traufbereich direkt mit diesem Balken verbunden werden. |
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Ist ein großer Dachüberstand als konstruktiver Holzschutz gewünscht, oder eine Veranda geplant, kann man diesen Überstand mit Kopfbändern erstellen. Diese sollten dabei eine Neigung von mindestens 60° haben. |
ASOCIACIÓN COLOMBIANA DE INGENIERÍA SÍSMICA, 1999. "Normas Colombianas de Diseño y Construcción Sismo Resistente. Ley 400 de 1997. Decreto 33 de 1998. Decreto 34 de 1999". Tomo 2 Título G - Edificaciones de Madera. Santafé de Bogotá D. C. Colombia
Housing the homeless in Ecuador, Bericht von Misereor
IL 31 Bambus, Karl Krämer Verlag, 2000
Tabellenbuch Bautechnik, Europa Verlag, 1997
Fachstufen Bauzeichner, Verlag Handwerk und Technik, 1996
Diccionario para la Enseñanza lengua Epañola, VOX, 2002