Geschichte |
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Dieser Pavillon, der zur Zeit das
größte Gebäude aus Bambus ist, wurde nach einer 9-monatigen
Bauzeit 2003 fertiggestellt. Die Idee zu diesem Bau wurde stark angeregt
durch die Aktivitäten von ZERI (Zero Emission Research and Initiatives),
die erfolgreich den EXPO Pavillon errichtet hatten. Dadurch inspiriert wurde
die Organisation „emissionizero“ durch Valeria Chioetto in Italien gegründet.
Auch diese Organisation hat sich zum Ziel gesetzt umweltgerechtes Bauen
zu fördern und neue Wege zu gehen. Emissionizero arbeitete zunächst mit dem Polytechnikum Mailand zusammen, wo gemeinsam Grundlagen der Bio-Architektur erarbeitet wurden und an deren Konstruktionen gearbeitet wurden. Hierbei wurde auch die Möglichkeit des Bauens mit Bambus erforscht. |
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Der Baustoff Bambus mit seinen hervorragenden
Eigenschaften wurde zunehmend interessanter und so machte sich emissionizero
2002 auf die Suche nach einen Partner für ihr Projekt „Bauen mit
Bambus“. Es wurde zur Realisierung eine Gemeinde oder Stadt gesucht, die
zum einem ein Grundstück zu Verfügung stellen wollte, und zum
anderen sich vorstellen konnte einen Bambuspavillon zur öffentlichen
Nutzung zu unterhalten. |
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Die Stadt Vergiate, in der Nähe von Mailand, war dazu bereit, dieses Projekt zu unterstützen. Der dortige Ticino-Park bot genügend Platz für das Projekt. Neben der ursprünglich geplanten Hauptnutzung des Pavillon als kultureller Veranstaltungsort wurden in ihm aufgrund der besonderen Bambuskonstruktion mehrere Workshops zu diesem Thema abgehalten. |
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![]() Grundriss |
Konstruktion |
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Die Struktur, inspiriert durch eine
Skizze des kolumbianischen Architekten Simon Velez, besteht aus 15 zweiteiligen
Binder mit einem Abstand von 2 m. Jede dieser Binder wird getragen von
dreiteiligen Stützen, bestehend aus einem vertikalen und zwei geneigten
Bambushalmen. Der entstandene Bau gliedert sich in drei Teile, einem Mittelbau, der eine Höhe von 7 m besitzt, und zwei um einen Meter niedrigere Gebäude, die sich rechts und links anschließen. Die Grundfläche beträgt 32 x 16 Meter, rund 500 m2. |
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Das statische System besteht aus Fachwerkbindern, die auf Stützen gelagert sind. Die Fachwerbinder verhalten sich wie die Sparren eines Sparrendaches, es treten Biege- und Normal-(Druck) kräfte auf. Die entstehenden Horizontalkräfte werden über ein Stahlseil aufgenommen. |
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Die Stützen sind hauptsächlich auf Druckkraft belastet. Sie sind jeweils aufgeteilt in drei einzelne Bambushalme, von denen zwei V-förmig angeordnet sind, um so für eine ausreichende Windaussteifung zu sorgen. Der Fachwerkbinder ist so ausgebildet, dass ein großer Dachüberstand entsteht, welcher für den Holzschutz notwendig ist. |
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Die Konstruktion besteht aus 400 Guadua
Angustifolia-Bambushalmen. Zur Verbesserung der Haltbarkeit wurde diese
in Pereira, Kolumbien, durch das Räucherverfahren zusätzlich
imprägniert. Durch die verschiedenen Dachflächen und die völlig offene Konstruktion entsteht ein leichter und transparenter Eindruck. |
Bauphase |
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Der eigentlich Bauprozess gestaltete
sich auch als ein „learning by doing“-Workshop. Zwar besaßen die Leute von emissionizero ein ausreichendes Fachwissen in der Theorie aber es gab keine Facharbeiter oder sonst jemanden, der über die Erfahrung verfügte mit Bambus zu bauen. So wurde der Pavillon zunächst mit Bambus-unerfahrenen Handwerkern unter der technischen Leitung Neri Braulin (Foto: 4. v.r.) errichtet. Zusätzlich wurde das Projekte von dem bekannten kolumbianischen Architekten Simon Velez beraten. |
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Bei der Errichtung des Pavillon wurde zunächst
das Dach auf einem Gerüst errichtet, welches später durch die
Bambusstützen ersetzt wurde. Bauabschnitte: 1. Einrichtung der Baustelle 2. Auswahl der Bambusstangen für die 15 Dachbinder 3. Vorfertigung der Bambushalme: Zurechtschneiden, Herstellung der Kopfanschlüsse, Einbau der Gewindestangen, verschrauben mit Muttern und Unterlegscheiben 4. Gerüstaufbau 5. Aufbau der zweiteiligen Binder auf dem Gerüst 6. Befestigung der Pfetten 7. Aufbau der Sparren 8. Füllung der Anschlüsse mit Zement 9. Dachaufbau mit Holzpanelen und Dachschindeln 10. Befestigung der Stützen an die Binder mit Gewindestangen 11. Ausrichten der Stütze und Vorbereitung des Fundaments 12. Spannen der Zugseilen 13. Gießen der Stahlbeton-Fundamente 14. Abbau des Gerüstes |
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Nach Fertigstellung wurde der Pavillon einem statischen Test unterzogen. Dabei wurde die Belastung durch starken Schneefall (1400 kg) und Wind (500 kg) simuliert. Die Verformung war messbar, befand sich jedoch im Sollbereich. Somit konnte der Pavillon als erstes permanente Bambus-Gebäude in Europa der Öffentlichkeit zu Verfügung gestellt werden. |
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Herstellung Fischmaulanschluß |
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Ausrichtung des Fachwerkträgers auf dem Boden |
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Zusammenbau Fachwerkträger |
Details |
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Die Stützen sind auf Betonsockeln gelagert
um diese vor Feuchtigkeit zu schützen. Die Verbindung zwischen dem
Bambus und dem Betonsockel erfolgt über eine 20 mm starke Gewindestange,
welche im Bambus einbetoniert ist. Die Verbindung der einzelne Bambusstäbe im Fachwerkbinder ist vergleichbar, hierbei kommen auch einbetonierte Gewindestangen zu Einsatz. Die Fixierung der Gewindestange im Bambusrohr erfolgt über einen zweite kurze ortogonal angeordnete Stange, welche am Bambus verschraubt ist. Die Verbindung der Stangen untereinander erfolgt über eine Metallöse. |
![]() Detail 1: Anschluß Fundament-Stütze |
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![]() Detail 4: First |
![]() Detail 3: Dachaufbau Traufe |
Ansicht |
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Längsschnitt |
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Architettura OFX Ausg. 74
Bambus Journal, 2003, 14. 4 Text von Walter Liese