![]() Bambusarten
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Der Bambus ist in Größe, Leichtigkeit und Festigkeit ein extremes Produkt der Natur. Er ist stabil und dank seiner Hohlräume ein extrem leichter und elastischer Baustoff. Durch Trennwände versteift und durch seine physikalischen Eigenschaften ist er anderen Baustoffen weit überlegen. |
guadua angustifolia
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Weltweit gibt es etwa 500 verschiedene Bambusfamilien mit teilweise hunderten von Unterarten. In Kolumbien allein werden etwa 25 verschiedene Riesenbambussse verwendet. Zu diesen gehört auch der von uns betrachtete "guadua angustifolia". Er wächst bis 1800 m NN meist in kleinen Wäldchen entlang der Bäche, aber auch auf Wiesen oder in Hanglagen. Es gibt zwei Unterarten namens guadua castilla und guadua mecana. Er errreicht eine Höhe von etwa 20-25m und einen Durchmesser bis zu 18cm. |
Bambuswurzel
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Jeder Stengel wächst aus einem netzartigen Wurzelsystem heraus und erreicht nach einem Jahr bereits seine volle Höhe. Dann beginnen die Leitgefäße zu verholzen und in den nächsten 6 - 8 Jahren gewinnt er durch die Verkieselung der äußeren Rohrwände an Härte und Festigkeit. Bambus kann auch als ein verholzendes Riesengras bezeichnet werden. |
![]() Nadelholzfasern
![]() Bambusfasernfasern
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Der lignifizierende Zellenaufbau des Bambusgewebes und seine technischen Eigenschften sind dem eingentlichen Holzgewebe sehr ähnlich. Während Holz jedoch einen harten Kern hat (Kernholz) und nach außen hin weicher wird (Splintholz), ist der Bambus außen hart und innen weich, was einen viel stabileren Aufbau zur Folge hat. Von Innen nach Außen ist eine kontinuierliche Häufung der Leitbündel zu sehen. Die reißfesteren Faserstränge liegen dort am dichtesten, wo die statische Beanspruchung am größten ist. |
![]() Materialprüfung
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Um die Materialeigenschaften von Bambus zu bestimmen und untereinander zu vergleichen spielt die Herkunft, das Alter, der Feuchtigkeitsgehalt und natürlich der Rohrdurchmesser eine große Rolle. Vergleicht man die verschiedenen Untersuchungsergebnisse zu den Festigkeitseigenschaften des Bambus, so erkennt man die große Streuung der Ergebnisse, obwohl alle den gleichen Bambus (guadua angustifolia) geprüft haben. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Materialkennwerte |
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Diese Daten lieferte das Stuttgarter Institut FMPA zur Untersuchung des Zeri-Pavillions. Leider läßt sich aus den Angaben, die in der Zeitschrift "Bautechnik 77,2000, Heft 6/7" veröffentlicht wurden, keine genauen Materialdaten sowie Prüfungsbedingungen beschrieben. Lediglich wird erwähnt, daß die Stäbe der Art "guadua angustifolia" einen Durchmesser von 10 bis 14 cm und einer Wanddicke von 15 bis 20 mm haben sollten, die angelieferten Stäbe aus Kolumbien jedoch stark variierten. Daher wurde eine Vorsortierung ähnlich der bei Holz notwendig und es wurden aus jeder Lieferung mindestens 3 Stäbe geprüft. Genauere Angaben z.B. zur Länge fehlen jedoch. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Vergleichstabelle aus DB9/97 |
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| Bei den Biege- bzw. Schub-und Zugversuchen wurde die Bruchgrenze ermittelt; nicht zu verwechseln mit der zul. Grenzspannung.
Auch deshalb ist ein Vergleich mit den üblichen Baumaterialien schwierig. Dennoch ein Versuch. Diese Tabelle stammt aus der DB9/97. |
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Druckfestigkeit |
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| Dünnere Rohre haben im Verhältnis zu ihrem Querschnitt eine höhere Druckfestigkeit parallel wie auch senkrecht zur Faser gegenüber dickeren Rohren. Das verhältnismäßig dünnere Rohre bessere Materialeigenschaften aufweisen, hängt im wesentlichen damit zusammen, daß bei dickeren Rohren der Anteil der zugfesteren Außenhaut geringer ist.
Die unbegenzte Längsspaltbarkeit der Bambusrohrwand in den Internodien ist durch die streng parallel gerichteten Fasern bedingt; in den Nodien aber durchkreuzen sie sich nach allen Richtungen. Diese Verstärkungsknoten mit stark verkieselten Diaphragmen erhöhen die Spaltfestigkeit und die Knickfestigkeit des Rohres. Außerdem wissen wir, daß ein zylindrisches Rohr, verglichen mit einem vollen Rundstab eine vielfache Biegesteifigkeit hat. Der Ligninanteil bestimmt die Druckfestigkeit. Der hohe Zelluloseanteil dagegen bestimmt die Knick- und Zugfestigkeit, da er die Gerüstsubstanz darstellt. |
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Zugfestigkeit |
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| Bambus kann wesentlich mehr Zug als Druck aufnehmen. Schlankere Rohre sind auch hier wieder überlegen. In der verkieselten äußersten Randschicht laufen axialparallel hochelastische Fasern mit einer Zugfestigkeit von teilweise bis zu 40 kN/cm². Zum Vergleich: Extrem starke Holzfasern können nur bis zu 5 kN/cm² Zug aufnehmen und ST37 Stahl im Extremfall (Bruchspannung!) 37kN/cm². Die hervorragenden Eigenschaften der Zugfestigkeit des Bambus macht man sich heute auch in der Materialforschung zu Nutze. Die hochfesten Bambusfasern können bei armierten Materialien (z.B. Stahlbeton) als Bewehrung eingesetzt werden. Dadurch werden extrem dünnwandige Leichtbaukonstruktionen möglich. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Elastizitätsmodul |
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Auch beim E-Modul macht sich der Vorteil der schlankeren Stäbe in bezug auf ihre Querschnittsfläche bemerkbar. Die Häufung der hochfesten Faserstränge in der Wandaußenzone wirken bei der Elastizität ebenso festigend wie bei der Zug-, Scher- und Biegebeanspruchung. Es gibt eine optimales Rohrquerschnittsverhältnis, wird dieses über-bzw. unterschritten fällt der E-Modul wieder. (je größer der E-Modul desto hochwertiger der Bambus). Wie auch bei Massivholz reduziert sich der E-Modul mit wachsender Beanspruchung (5-10%).
Die durchaus große Elastizität macht Bambus besonders als Baumaterial in erdbebengefärdeten Gebieten sehr nützlich. Auch werden Baugerüste heute in Asien noch aus Bambus hergestellt. |
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![]() Bambusgerüst
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Biegefestigkeit |
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| Atrops untersuchte für Baustoffe übliche Bambusmaterialien: Rohrdurchmesser 70-100 mm, Wanddicken 6-12 mm bei Stützweiten von 3,60m . Die elastische Durchbiegungen waren min =1/25,9 und max 1/16,1und im Mittel 1/20,1 der Stützweiten. Dort, wo in der Konstruktion eine Durchbiegung unvermeidbar ist und störend wirkt, können die frisch geschlagenen Rohre erstmal einer Vorbiegung (Überhöhung) unterzogen werden., die sich Später unter der Nutzlast wieder ausgleicht. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Scherfestigkeit |
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| Vor allem für die Gestaltung der Bambusrohrverbindungen ist die Berücksichtigung des Scherwiderstandes wichtig. Die Angaben unter "Stab" betreffen Probekörper als Rohrwandstreifen Zweischnittig, unter "Rohr" betreffenganze Rohrabschnitte vierschnittig. Der Einfluss des Scherflächenabstandes nimmt bei wachsender Scherflächenlänge ab. Bei 10mm Wandstärke ist die Scherfestigkeit etwa 11% geringer als bei 6mm Wandstärke; bedingt durch die Verteilung der hochfesten Faseranteile pro Querschnittsfläche. Die Tabellenwerte stammen von Internodienmaterial. Die Werte für Nodienmaterial liegen etwa um 50% höher. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Bruchverhalten |
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Bruchverhalten ![]() Bruchverhalten |
Das Bruchverhalten des herkömmlichen Bauholzes unterscheidet sich vom Bruchverhalten des Bambus. Hier erfolgt beim Reißen einzelner Fasern kein spontaner Bruch durch das ganze Material (Rohr). Die auftretenden Risse werden sofort in Faserrichtung abgelenkt und beeinträchtigen damit weniger die festigkeitsgefährdete Stelle. Der Energiezufluß ist durch Zerstreuung verzögert. Die entstehenden Längsrisse werden an ihrer Ausbreitung über die gesamte Rohrlänge durch die Verstärkungsknoten (Nodien, Diaphragmen) gehindert. Besonders die Druck-, Scher- und Spaltfestigkeit wird durch das Knotenmaterial erhöht. Derartige Symptome werden als Steigerungsfaktoren der Bruchzähigkeit bezeichnet. In der Forschung bei modernen Verbundwerkstoffen versucht man auch weniger die Rissebildung zu unterbinden, als vielmehr einer Risseausbreitung durch geeigneten Materialaufbau entgegenzuwirken. Nach Cooper wird die Brucharbeit vom Verhältnis der Faserfestigkeit zur zur Matrixfestigkeit sowie der Bindefestigkeit zwischen Fasern und Matrix maßgebend beeinflußt. Dabei muß eine Verbesserung der Bruchzähigkeit meistens mit einer Verminderung der Festigkeit quer zu den Fasern erkauft werden (Totalspaltung, unbegrenzte Längsspaltbarkeit von Internodien). | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Schlagbruchverhalten |
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Bruchverhalten |
Die zum Durchschlagen eines Bambusrohres verbrauchte Arbeit A:f (mkp/cm²) bleibt nahezu gleich, ob der Schlag den Knoten oder den Schaft trifft. Die Brucherscheinung selbst ist jedoch ganz verschieden. Beim Schlag auf den Knoten zerspringt das Rohr in axiale Streifen; Bruch infolge Überwindung der Festigkeit in Faserquerrichtung. Beim Schlag auf das Internodium erfolgt das eigentliche Abbrechen; Bruch infolge Überwindung der Zugfestigkeit der Faserlängsrichtung. Die Werte der Bruchschlagarbeit (D=30 mm; d=4 mm) liegen bei 2,65 mkp/cm². Da es sich hier um einen Rohrkörper handelt, wird damit mehr die Gestaltfestigkeit benannt und kann deshalb mit dem Wert von Fichte (0,5 mkp/cm²) nicht direkt verglichen werden. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Untersuchungen zur Tragfähigkeit von Dr. Simon Aicher, Otto- Graf-Institut |
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| Untersuchungen zur Tragfähigkeit der Bambusart Guadua Angustifolia von Dr. Simon Aicher, Otto- Graf-Institut Hier waren die Voraussetzungen, daß die Rohre eine Querschnittsschlankheit von 3<~r/t~<5,5 hatten, eine nicht klimatisierte Prüfhalle und einen Feuchtigkeitsgehalt von 10-15% des Bambus. Hier einige Ergebnisse: | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Untersuchungen zur Tragfähigkeit von Oskar Hidalgo Lopez |
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| Belastbarkeitstest von guadua angustifolia an der Universität Valle, Cali mit CIBAM in Palmira, Kolumbien durchgeführt unter der Leitung von Architekt Oskar Hidalgo Lopez, damals auch an der Universidad National Bogota, sowie Ing. Jose Villar y Ing. Patricia Imery. Die Vorgehensweise orientiert sich an der Veröffentlichung von Motoi Otta: 'Studies on the properties of Bamboo Stem'. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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§ 13 Exemplare zwischen 9 und 13 cm Durchmesser und 17 bis 23 Metern Länge § gewachsen auf etwa 1000 m NN (Gegen alle Erwartungen und früherer 'Forschungen' nahm die relative Druckfestigkeit mit der Höhe über Grund geringfügig zu) § mittlerer Wanddurchmesser unten von 22 und auf halber Höhe von etwa 10 mm § Alter zwischen 9 Monaten und 7 Jahren (was im wesentlichen den großen Unterschied der Daten erklärt) (Druckfestigkeit nahm meist mit dem Alter zu. Auf Druck hielten Einjährige 2,61 kN/cm² und 6-jährige 7,05 kN/cm² aus. Auf Zug gab es aber Verwunderung bei einem Einjährigen mit 32,06 kN/cm². Die Zugfestigkeit nahm bei 5-6 Jährigen deutlich ab) § Proben aus vier festgelegten Höhen (dunkle äußere Zone mit dichtgedrängten Fasern von etwa 30% mit einer Zugfestigkeit von 20,52 kN/cm² und eine weiße, innere, porige Zone von 70% mit einer Zugfestigkeit von nur 7,06kN/cm²; im Knotenbereich ist die Faseraufteilung dagegen durchwachsen und ergibt einen Mittelwert von 11,75 kN/cm²) § Veränderungen der Dimensionen bei der Befeuchtung über den Fasersättigungspunkt, zum Beispiel beim Kontakt mit frischem Mörtel, führen insbesondere bei weichen, jungen Fasern zu reichlich Wasseraufnahme. Älterer Bambus dagegen variiert erheblich weniger. |
![]() bamboo forest
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Wie unschwer zu erkennen ist, variieren die Prüfungsergebnisse stark. Ob ein direkter Vergleich möglich ist, ist fraglich. Besonders weil die Prüfungsbedingungen oft unklar sind. estzuhalten ist, daß alle Prüfergebnisse von den Kolumbianischen übertroffen werden, CIBAM in Zusammenarbeit mit der Universidad del Valle, Cali (1000 m über NN) hat ein Elastizitätsmodul von 2.130 kN/cm² erarbeitet, andere Proben in Medellin (1800 m) und der Kaffeeregion 1400-1700 m NN weisen noch höhere Werte auf. Auch die ntersuchungen zu den Druck- und Zugfestigkeiten haben Differenzen. Hier wird bei einigen Prüfungen unterschieden, ob Rohrabschnitte mit oder ohne Nodien geprüft wurden oder zwischwen der Dicke der Rohre. Außer der Meereshöhe hat das Alter der Stangen einen großen Einfluß auf die Verkieselung der Gefäße und führt zu erheblicher Zunahme der Druckfestigkeit. Die Lage der an den Baustellen verwendeten Bambussektion im Bezug auf die Gesamthöhe einer Guaduastange, hat großen Einfluß auf Wandstärke und Rißfreiheit , ebenso die Bodenbeschaffenheit und die Feuchtigkeit des Bodens. | |||||||||||||||||||||||||
Vergleich der Untersuchungsergebnisse |
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| Um einen Eindruck zu bekommen , wie unterschiedlich die verschiedenen Prüfungsergebnisse sind und um eine Entscheidung zu treffen, ob sie vergleichbar sind oder nicht, hier nochmal eine Tabelle mit den wichtigsten Ergebnissen der verschiedenen Institute und Prüfungen. | |||||||||||||||||||||||||
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Ungefähre Richtwerte von Bambus 'guadua angustifolia |
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| Will man trotzdem ungefähre Richtwerte angeben, so sollte man sich sicherheitshalber an die niedrigeren Festigkeitswerte halten um in jedem Fall auf der sicheren Seite zu sein. Selbst dann garantiert der Bambus noch eine optimale Ausnutzung dieses außergewöhnlichen Baumaterials. |