Bambus als Baumaterial

Pflanze :

Schnitt durch ein Rhizom. Quelle: Grow your own house
Schnitt durch ein Rhizom

 


Guadua angustifolia  Fotograf: Robert Saporito
Guadua angustifolia. Seit 5000 Jahren in Equador und Kolumbien eingesetztes Baumaterial mit großer Wiederstandsfähigkeit.

 

Verbreitungsgebiet entlang des Äquatorbereiches. Quelle: IL31
Verbreitungsgebiet
entlang des Äquatorbereiches 


Bambus gehört zur Familie der Gräser (Gramineae) und bildet in der Untergruppe „Bambusoideae“ Hunderte von Unterarten, die als Bäume, Sträucher und Kraut wachsen, klettern, hängen und Bäume besiedeln. Typisch für den Bambus ist seine temporeiche Wachstumsgeschwindigkeit. 
Der für Konstruktionen geeignete  "Guadua angustifolia" wächst c.a. 12 cm pro Tag. 

Bambus wächst aus einem Wurzelnetz heraus, den Rhizomen. Die Spitzen der Rhizome biegen sich aus dem Wurzelnetz nach oben und bilden die neuen Halme. Dieses Überlagerung von Wurzelsystemen über mehrer Hektar bietet einen guten Schutz gegen Erosion. Zudem wirkt es als Feuchtigkeitsspeicher und kann als Wurzelklärwerk von Siedlungen und Gehöften benutzt werden. Durch die hohe Wachstumsgeschwindigkeit eignet sich Bambus in Entwicklungsländern zur Wiederaufforstung von Regenwaldgebieten. Auch die Fähigkeit beim wachsen große Mengen an CO2 zu binden sprechen für die ökologischen Vorteile.

Jeder Spross der aus der Erde treibt enthält schon sämtliche Nodien (Knoten), Internodien (Kammern) und Diaphragmen (Trennwände) die teleskopartig zusammengestaucht sind. Bambushalme sind in der Regel hohl und haben einen kreisrunden Querschnitt. Mit zunehmender Höhe nimmt der Durchmesser und die Wandstärke ab.

Nach dem dritten Lebensjahr verholzen und verkieseln die Halme, erst dann sind die Halme für tragende Teile vollwertig. Die äußerste Schicht des Halmes hat einen starken Kieselsäuregehalt weswegen sie gegen äußere Angriffe sehr widerstandsfähig ist. Die Oberfläche des Bambusrohres ist sehr glatt und fein und braucht deshalb nicht mehr nachbearbeitet zu werden. Die Farbe variiert von gelblich bis braun, schwarz, punktiert, gefleckt, matt und glänzend.



Die Fasern :


Die Fasern des Bambushalmes sind axial ausgerichtet. In der statisch stärker beanspruchten  Randzone finden sich vermehrt die sogenannten Leitbündel. Sie sind hochelastische Fasern deren Zugfestigkeitswerte besser als Baustahl sind.

 

Material Zugfestigkeit [kN/cm2]
Holzfasern 4,9
St-37 36
Bambusfasern 39

       

Brennverhalten : Rissbildung bei der Verkohlung. Quelle: IL31


Aufgrund des hohen Kieselsäuregehalts der Rinde und der größeren Dichte wird Bambus nach der DIN 4102 (Brennverhalten von Bau stoffen) als brennbar aber schwer entflammbar eingestuft. Die Feuer anfälligkeit richtet sich besonders nach der Lage des Bauteils, so sind horizontale Bauteile weniger anfällig als schräge oder vertikale Bauteile.
Bei einem horizontal liegendem Bambusstab breitet sich die Flamme ringförmig zum nächsten Knotenpunkt (Nodium) aus. Dort erlicht das Feuer da die Flamme nur schlecht über den schwer entflammbaren Knotenpunkt und die Trennwand (Diaphragma) zum nächsten Segment (Internodium) übergreifen kann.
Platz das Internodium in Quer- und Längsrissen bei der Verkohlung auf so kann der eintretende Sauerstoff das Verbrennen des Querschnitts begünstigen. Bei Querrissen verringert sich zudem die Tragfähigkeit erheblich (Kerbspannung).
Füllt man ein Bambusrohr mit Wasser und erhitzt es, so lässt sich das Wasser zum Kochen bringen während die Rohrunterseite Temperaturen von 400°C aushalten kann.

 

Lagern und Trocknen:

Solarofen zum trocknen der Bambusrohre. Quelle: Bambu Brasileiro
Solarofen zum trocknen der Bambusrohre


Um nach dem Ernten Verbiegungen der Bambusrohre zu vermeiden, werden sie liegend gelagert. Dabei sollen sie vor Sonne, Regen und Durchfeuchtung geschützt sein, am Besten eignen sich dafür Gestelle die für eine gute Durchlüftung der Stäbe sorgen.Nach 6-12 Wochen ist die
Lufttrockung abgeschlossen. Die Ofentrockung dauert nur 2-3 Wochen, es können sich aber bei einigen Arten Risse und Aufspaltungen bilden.

 

 



Schädlinge, Holzschutz, Lebensdauer :


Bambusrohre sind besonders bei zunehmendem Feuchtigkeitsgehalt anfällig gegenüber Pilzen, Schwämmen, Käfern, Termiten. Sie beschädigen die Struktur derart, das Teile ausgetauscht oder unbrauchbar werden.
Besonders die Bohrkäferarten (Dinoderus, Bostri- chidae, Lyctidae) richten bei gefällten und bei lebenden Halmen durch Durchlöcherung große Schäden an.
Will man die Lebensdauer von Bauwerken aus Bambus verlängern so muss man besonders auf den
konstruktiven Feuchtigkeitsschutz achten (z.B. Dachüberstand). 
Aufwendiger chemischer Holzschutz würde sich aus ökonomischen Gründen nicht lohnen, daher greift man auf einfache handwerkliche Lösungen zurück.

Splintholzkäfer. Quelle: Institut für Holzbiologie und Holzschutz, Hamburg
Splintholzkäfer (Lyctidae)

 

Räucherofen in Armenia/Quindio 1999  Quelle: Grow your own house
Räucherofen in Armenia/Quindio 1999

Methoden zur Verlängerung der Lebensdauer :

Wahl der Erntezeit : 

Der Befall von Insekten reduziert sich in der trockenen und kühleren Jahreszeit aufgrund der Inaktivität der Tiere.

Räuchern:     Wird der Bambus längere Zeit über einem Feuer geräuchert so wird die Rinde für Insekten ungenießbar. Zum Räuchern benutzt man auch den eigenen Harz.
Erhitzen:    

Erhitzt man das Bambusrohr kurzfristig auf 150°C , so ändert sich die Struktur der äußeren Rohwand gering, wodurch eine Widerstandsfähigkeit gegenüber Insekten erreicht wird. Nachteil: Die Stangen können beim erhitzen aufplatzen.

Wässern:  Beim häufig verwendetem Wässern werden die frischen Stangen 4-12 Wochen in stehendem oder fließendem Wasser gelagert. Stärke, Zucker und andere Stoffe werden dabei hinausgeschwemmt.
Kochen: 15 - 60 Minuten kochen ist eine weitere Methode um die Insekten Nährstoffe Zucker und Stärke aus dem Bambus zu holen.
Anstriche:  Kalkschlämme, Kalk und Kuhmist, Kreosat, Rangoon Öl,
Borax ist ein häufig verwendeter Schutz 
1 2 3 4 .
Insektizide:   Ökologisch und gesundheitlich sehr bedenkliche Imprägnierungen gegen Insekten und pflanzliche Schädlinge sind Kerosin, DDT, BHC, PCP, DDT haltiges Dieselöl, Firnis, Naphta, Dieldrin.



Will man auch Innenseitig einen Holzschutz anwenden, so müssen entweder die Kammern  von außen durchbohrt oder alle Trennwände durchstoßen werden. Schützt man die Bauteile mit den einfachen Verfahren so erreicht man eine Lebensdauer von c.a. 10 Jahren. Viermal mehr als bei unbehandelten Teilen. Hält man Feuchtigkeit von einem Bambusbauwerk durch konstruktiven Feuchtigkeitsschutz fern, so lässt sich die Standdauer nochmal deutlich steigern.

Einpressen von Holzschutz. Quelle: Bamboo Brasil Design / Edson Sartori and Rubens Cardoso
Anlage um Holzschutz mit hohem Druck in den Bambus zu pressen.

 

Werkzeuge und Bearbeitung:


Bambus lässt sich mit den einfachsten Werkzeugen bearbeiten , wie z.B. Haumesser, Säge, Stemmeisen. Da die verkieselte Rohraußenwand sehr hart ist, ist der Werkzeugverschleiß gegenüber Bauholz viel stärker. Außerdem braucht man für die Ausführung von dauerhaften und sauberen Anschlüssen sehr scharfes Werkzeug.

Bearbeitungsmethoden:
Spalten :

Durch die axiale Faserausrichtung lässt sich das  Bambus- rohr schnell und sauber mit einem Keil spalten. Bei der Rohr- spaltung lassen sich mit einem Messerkranz Leisten zu Hälften, Vierteln oder Achteln spalten. Bei der Rohrwand- spaltung werden aus diesen Leisten radial und tangential weitere Leisten aufgespalten.

Spalten mit dem Messerkranz. Quelle: IL31
Messerkranz

Brechen : Wird der Bambus gebrochen so fasert die Bruchstelle auf und ist kaum noch als Baumaterial zu verwenden
Schneiden : Haumesser und Schneidemesser
Sägen : Wegen der Härte sind Metallsägen am Besten geeignet.
Schnitzen : Ornamente und Muster lassen sich mit Messern Einritzen oder Schnitzen.
Bohren : Stein- und Metallbohrer.
Brennbohren : Beim Brennbohren wird mit einer glühenden Aufreibspitze ein sehr genaues und glattes Loch erzeugt.
Schleifen : Schleifpapier. Selten gebraucht da die Oberfläche nur bei nachträglicher Bemalung aufgerauht wird.
Polieren : Mit heißem Pflanzenwachs erhält man eine glänzende Oberfläche
Beizen : Salpetersäure = braun, Eisenvitriol = schwarz, Kupfervitriol = grün, Anflammen = fleckiges Braun
Kalt-Biegen :

Bambus lässt sich durch seine hohe Elastizität gut Biegen. Bei größeren Durchmessern und Wandstärken muss das Bambusrohr direkt nach dem Ernten vorgebogen trocknen. Zwängt man den Bambusspross beim wachsen durch eine Kastenförmige Schalung, so erhält man eine quadratische Deformierung des Querschnittes. Konvex gewachsene Bambusrohre werden nach dem Ernten aussortieren und direkt für entsprechend gebogene Bauteile verwendet.

Warm-Biegen :

Erhitzt man ein Bambuswerkstück mit einem Brenner oder über einer Feuerglut auf 150 °C , so ist es plastisch verformbar. Kühlt das Werkstück ab, behält es seine neue Form.



Rohrspaltung. Quelle: IL31

Aufspalten in feine Leisten u. Stäbe. Quelle: IL31
Aufspalten in feine Leisten und Stäbe




Bambusrinde:


Schält man von jungem grünen Bambus die Rinde ab so lassen sich daraus Seile und Schnüre flechten. Bilder: Strickleiter und Hängebrücke aus geflochtenen Bambusfasern 
 

Strickleiter aus Bambusfasern. Quelle: Bilder aus Nepal

Hängebrücke aus Bambusfasern und Holz. Quelle: Bilder aus Nepal




Vor- und Nachteile von Bambus gegenüber normalem Bauholz 
Vorteil Nachteil
Schnelles Wachstum, leichte Verfügbarkeit Behandlung mit Schutzmitteln weniger gut
Leichte Handhabung des Baumaterials beim Fällen, Transport, Lagerung, Eigengewicht, Form, Oberfläche Werkzeugverschleiß viel schneller als bei Holz
Leichtes und sauberes Ablängen und Spalten Nicht einsetzbar für massive Schwerkonstruktionen (Rammpfähle, Spundwände)
Benutzung von einfachen Werkzeugen möglich Bambus wird häufig als "gewöhnliches" Bauholz stigmatisiert.
Einfaches Fügen zu flächigen und räumlichen Gefügen (Fachwerk, Flechtwand)  
Keine Arbeits-, Zeit- oder Kostenintensive Verarbeitungsschritte notwendig  
Wenig Abfälle bei der Verarbeitung  
Blätter können als Viehfutter oder Dacheindeckung benutzt werden,  
Geringe Materialkosten, hohe Leistungsfähigkeit ( Ökonom. Leichtbau)   
Entflamm- und Brennbarkeit geringer als bei Bauholz  
Erdbeebensicheres Bauen durch hohe Elastizität und geringes Eigengewicht.  
Möglichkeit zu schnellen Wiederaufforstungs- und Erosionsschutzmaßnahmen, Hohe Bindungsfähigkeit von CO2 während des Wachstums.  

 

 

 





Literaturliste

IL31 - Bambus - Klaus Dunkelberg
Bambus in Haus und Garten - Wolfgang Eberts
Grow your own House - Vitra Design Museum
Bilder aus Nepal - Diane Summers, Eric Valli