Mechanische Eigenschaften von Bambus


Grundlagen


Einführung

Bambushain
1 Bambushain
Der Bambus ist in Größe, Leichtigkeit und Festigkeit ein extremes Produkt der Natur. Aufbau und Eigenschaften entsprechen denen eines hochmodernen High-Tech-Werkstoffes: er ist stabil, aber dank seiner Hohlräume extrem leicht und elastisch, wird durch die Trennwände versteift und hat physikalische Eigenschaften, die denen anderer Materialien wie Holz, Beton oder Stahl teilweise weit überlegen sind. Während Holz einen harten Kern hat und nach außen immer weicher wird, ist Bambus außen hart und innen weich - ein viel stabilerer Aufbau.

Zum besseren Verständnis seiner mechanischen Eigenschaften, wird zunächst auf die Pflanze selber eingegangen.

Bambusae

verschiedene Bambusarten
2 Verschiedene Phyllostachys-Bambusarten
Weltweit gibt es etwa 500 verschiedene Bambusfamilien (Bambusae) mit teilweise hunderten von Unterarten, davon 2500 im tropischen Südamerika. In Kolumbien allein werden in Kunst, Handwerk und Baukonstruktion etwa 25 verschiedene Riesenbambusse verarbeitet.
Bambussprösslinge
3 Bambussprösslinge
Bambuswurzel
4 Längsschnitt durch einen Bambusstab und Wurzel
Der durch von Humboldt und Kunt bezeichnete "guadua angustifolia" wächst bis 1800 m NN in zwei Unterarten namens guadua macana und guadua castilla meist in kleinen Wäldchen entlang der Bäche, aber auch auf Wiesen oder Hanglagen. Er erreicht eine Höhe von etwa 20-25 m und Durchmesser bis 18 cm. Dabei wächst jeder Stengel aus einem Netzartigen Wurzelsystem heraus, erreicht in einem Jahr seine volle Höhe und verholzt in seinen 6-8 Jahren bis zum Verstopfen der Leitgefässe. Bambus kann auch als ein verholzendes Riesengras bezeichnet werden (Graminae) - ernten durch Auslese der reifen Stengel führt also nicht zum Tod der Pflanze.

Botanik

Einordnung in die botanische Systematik
Phanerogamen
I. Gymnospermen (Nacktsamer)
II. Angiospermen (Bedecktsamer)
a) Monokotyledonen (Einblattkeimer: Palmen, Bananen, Orchideen, Gräser, u.a.)
b) Dikotyledonen (Zweiblattkeimer: Laubholz)
(Mehrblattkeimer: Nadelholz)
Holzgewächse sind Pflanzen mit verholzten, jährlich sich verlängernden und verdickenden Stengeln (Palmen und Bambusse sind ohne Dickenwachstum). Holzgewächse gehören zu den Phanerogamen, das sind Pflanzen, die Blüten und Samen hervorbringen. Hier unterscheiden wir Gymnospermen und Angiospermen. Letztere gliedern sich in Monokotyledonen und Dikotyledonen. Die Monokotyledonen bilden kein Holz im gewöhnlichen Sinne; ihre Leitbündelstränge (Gefäßbündel) sind nicht ringlinear wie bei den Dikotyledonen > 5, 6 angeordnet, sondern unregelmäßig auf den Querschnitt verteilt > 7. Ein permanentes Dickenwachstum erfolgt nicht.
Den Monokotyledonen gehört die Familie der Gramineen (Gräser) an, mit der Unterfamilie der Bambusse. Die Gramineen sind eine der größten und wichtigsten Pflanzenfamilien; fast 4000 Arten sind über der ganzen Erde verteilt. Im Meer existiert keine einzige (das Seegras gehört zu den Najadeen = Laichkräutern). Zu den Gramineen zählen auch der Reis, der Mais, das Zuckerrohr und die Bambusgewächse.
Unter dem Begriff 'Bambus' verstehen wir alle baum- oder strauchartigen Gräser mit ausdauerndem, verholztem oder verzweigtem Stamm. Der lignifizierende Zellenaufbau des Bambusgewebes und seine technischen Eigenschaften sind dem eigentlichen Holzgewebe sehr ähnlich > 11, 12. Bambus wird daher ebenfalls 'Holz' genannt.

Botanische Klassifiezierung von Bambus

Reich: Plantae
Unterabteilung (Einteilung): Magnoliophyta
Klassifizierung: Liliopsida
Unterklassifiezierung: Commelinidae
Ordnung: Cyperales
Familie: Gramineae (Poaceae)
Unterfamilie: Bambusoideae
Klasse: Bambuseae
Unterklasse: bambusinae

Bambusnamen und Synonyme

Anatomische Strukturen - Holzquerschnitte im Vergleich
Die Abbildungen zeigen jeweils einen Jahresring im Schnitt bzw. beim Bambus den ganzen Querschnitt
Nadholzquerschnitt
5 Nadelholz
Laubholzquerschnitt
6 Laubholz
Bambusquerschnitt
7 Bambus

Fasern

Bambus-Rohrwandquerschnitt, Randzone
8 Bambus-Rohrwandquerschnitt, Randzone
Der Rohrwandquerschnitt durch ein Bambusinternodium > 8 zeigt eine dekorative Musterung. Die dunklen Punkte sind die Fasern der Gefäßbündel (Leitbündel), die hellen Flächen die Fasern des Grundgewebes. Von innen nach außen ist eine kontinuierliche Häufung der Leitbündel zu sehen. Die reißfesteren Faserstränge der Leitbündel liegen dort am dichtesten, wo die statische Beanspruchung am größten sind, in der Randzone > 9 ähnlich der Stahlbewehrung beim Stahlbetonbau.

Die moderne Werkstofftechnik spricht bei armierten Materialien von Faserverbundwerkstoffen. Hochfeste Fasern werden in eine füllende Grundmasse (Matrix) gebettet. Ein Zweig der Betonforschung geht ebenfalls in Richtung Beton mit Faserbewehrung. Die Spezialglasfaser Cemfil liefert schon vorgefertigte Betonteile mit beachtlichen Festigkeitswerten.
Im Pflanzenbereich hat die Evolution zu effektiven Leichtbaukonstruktionen geführt: Dünnwandige Querschnittsformen mit aussteifenden Elementen, so daß das Gesamtträgheitsmoment in der Biegerichtung möglichst groß wird > 10.

Das Bambusrohr ist ein Musterbeispiel für pflanzliche Leichtbauweise. In der äußersten verkieselten Randschicht laufen axialparallel hochelastische Fasern (L= 0,6-3,96 mm; B= 0,007-0,036 mm) mit einer Zugfestigkeit bis zu 40 kN/cm2.

Zum Vergleich: Holzfasern ca. 5 kN/cm2, St 37 Baustahl 37 kN/cm 2 und Glasfäden bis zu 700 kN/cm2.

Die unbegrenzte Längsspaltbarkeit der Bambusrohrwand in den Internodien ist durch die streng parallel gerichteten Fasern bedingt; in den Nodien aber durchkreuzen sie sich nach allen Richtungen. Diese Verstärkungsknoten mit stark verkieselten Diaphragmen erhöhen die Spaltfestigkeit und die Knickfestigkeit des Rohres.
Das Bambusgewebe hat keinen radialen Faserverlauf wie die Markstrahlen der Dikotyledonen und auch kein Kambium, weswegen ein Dickenwachstum oberhalb des Erdbodens unterbleibt. Der ganze Halmquerschnitt wird ein einziger 'Jahresring' > 8, 9. Aus der Mechanik wissen wir, daß bei gleichem Materialanteil ein zylindriches Rohr, verglichem mit einem vollem Rundstab, die vierfache Biegesteifigkeit hat. Die primitiven Pflanzen sind deshalb ausgestorben. Sie besaßen entlang der Achse nur einen verstärkenden Gewebestrang als Armierung.
Bambus-Rohrwandquerschnitt
9 Bambus-Rohrwandquerschnitt
Querschnittsformen von Pfeiffengras und Holunder
10 Querschnittsformen von Pfeiffengras und Holunder

Zellen und Leitbündel

Gefäßbündel Laubholz
11 Gefäßbündel Laubholz
Zellen
So 'erfand' die Natur nach und nach den Hohlkörper. Alle folgenden Neuerungen bestanden nicht aus neuen Bauelementen, sondern nur aus verbesserten und raffinierten Anordnungen dieser Elemente: den Zellen - die kleinste Einheit aller Organismen.

Ein Halm oder Stamm hat nicht nur einen statischen Zweck, sondern er funktioniert auch noch als kompliziertes Organ. Er transportiert Wasser und Nährstoffe aus der Wurzel in die entferntesten Blattspitzen, und von dort aus wieder organische Verbindungen zur Wurzel.
Das Achsenmaterial darf also nicht ausschließlich grobes Baumaterial mit optimaler Zug-, Druck- und Biegefestigkeit sein.
Die Pflanzenzellenwände bestehen aus hochkomplizierten Gebilden, aus Systemen von Molekülsorten. Dabei hat die Zellulose den wichtigsten Anteil. Durch Kombination mit anderen Molekülen (Lignin) lassen sich die Zellenwände differenziert aussteifen. Die Zellulose und Teil der Hemizellulose dienen als Gerüstsubstanz, das Lignin als Binde- und Füllmittel. So bestimmt der Zelluloseanteil die Knick- und Zugfestigkeit, der Ligningehalt die Druckfestigkeit eines Gewebes.
Diese elastische Stabilität als leistungsfähiges Konstruktionsprinzip im Mikrobereich findet bei den Bauten der Eingeborenen mit Bambus als Baustoff und Werkstoff sein Pendant. Alle Bauteile werden analog, gegeneinander beweglich, miteinander verbunden.

Leitbündel
Die Zellenbündel nennen wir Fasern. Die Fasernstränge eines Leitgewebes (Transportgewebe) sind im Leitbündel (Gefäßbündel) vereint > 11, 12. Gestalt, Richtung, Anzahl und Verteilung der Leitbündel charakterisieren die anatomische Struktur des Bambusgewebes. Sie können auch zur mikroskopischen Bestimmung von Bambusarten und '-abarten' dienen.
Die Artbestimmung nach den Reproduktiven Strukturen oder physiologisch vegetativen Merkmalen vorzunehmen ist oft nicht erfolgreich. Eindeutiger sind die signifikanten anatomischen Unterschiede der Leitbündel. Kratzsch teilt den Bambus-Rohrwandquerschnitt in vier Zonen ein > 13. Die Form der Leitbündel = Gefäßbündel variiert stark von der Rohrwandaußenseite zur Rohrwandinnenseite hin. In der Zone I und II sind zwei ungleich große 'Bastsicheln' (gepunktet) um zwei Tüpfel- und ein Ringgefäß angeordnet > 12, 13 r.o.
Von der Zone III bis IV formt sich die Bastsichel um den Siebteil, die Tüpfelgefäße und das Ringgefäß langsam herum, die innere Bastsichel rückt ab und verringert ihren Umfang, so daß ein vollständiges Gefäßbündelvon Bambus vulgaris letztlich fünf Bastfaserteile besitzt > 13 r.u. Sämtliche Bambusarten zeigen ähnliche Formvariationen der Gefäßbündel. Ihre Struktur, Dichte und Verteilung haben einen direkten Einfluß auf Materialeigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten des ganzen Rohres oder eines Ausschnittes von Zone I bis IV.
Umgekehrt lassen sich die Bambusteile eines Werkstückes durch ihre physiogonomische Charakteristika mikroskopisch diagnostizieren, die betreffende Bambusart bestimmen und in die Querschnittszone, der sie entstammen, wieder einordnen.
Die Spaltstreifen aus Zone I bis II sind hart, steif, feinfaserig bis glatt; die Streifen aus Zone III bis IV sind weich, geschmeidig, rauh bis grobfaserig und abspanend. Darüber hinaus sind noch weitere Komponenten für die Materialunterschiede ausschlaggebend, ob der Bau- oder Werkstoff von ganz jungen, einjährigen, mehrjährigen, dünnwandigen, dickwandigen Rohren > 14, aus der Halmbasis, -mitte oder -spitze stammt. Es ergeben sich somit für die jeweiligen Materialabschnitte und -ausschnitte unterschiedliche Verwendungszwecke.
Gefäßbündel Bambus
12 Gefäßbündel Bambus
Bambus Rohrwandquerschnitt
13 Bambus Rohrwandquerschnitt
Bambusrohr Querschnitte
14 Bambusrohr Querschnitte


Bambus im Test


Einführung

guadua angustifolia
15 guadua angustifolia
Wir wissen von Massivholz, dass seine mechanischen Eigenschaften durch Klima- und Bodenverhältnisse, Standort, Alter, Schlagzeit, Feuchtigkeitsgrad etc. beeinflusst werden. Ferner treten größere Unterschiede über die Stammlänge oder den Querschnitt verteilt auf, und außerdem, ob die Kräfte parallel oder senkrecht zur Faser gerichtet sind.

Fast noch größer ist die Streuung der Festigkeitswerte bei Bambus als Hohlzylinder mit sehr unterschiedlicher Materialdichte innerhalb der Rohrwand und den Senkrecht dazu stehenden Knotenscheiben. Ein genaues Bild der Werte können nur Angaben von Bambusstäben (Rohrwandstreifen) und Bambusrohren vermitteln.

Standardisierung

Vierkantbambus
16 Vierkantbambus

Herstellungsprinzip
17 Herstellungsprinzip
Da jeder Bambusstab unterschiedlich ist und sich kaum wie ein Holzbauelement zuschneiden läßt, läßt er sich nicht standardisieren. Eine Ausnahme bildet einzig der vierkantige Bambus, der entsteht, indem man über den Bambus-Sprößling eine vierkantige Schalung legt, in die der Stab hineinwächst > 16, 17. Der Vierkantbambus hat den Vorteil, daß bei Verbindungen größere Kontaktflächen entstehen. In China wurde im 18. Jahrhundert auch von einem Bambus mit dreieckigem Querschnitt berichtet. Auch Baunormen für Bambus fehlen bislang noch, was die Verwendung in Ländern mit strengen Bauvorschriften erschwert.
Jedoch gibt es einen ersten Entwurf der ISO zum Testen von Bambus: Determination of physical and mechanical properties of bamboo
Die mechanischen Eigenschaften von Bambus hängen von der botanischen Spezies, dem Alter des Stabes bei der Ernte, dem Feuchtigkeitsgehalt und natürlich von Durchmesser und Wandstärke ab.

Festigkeitseigenschaften

18 Druckfestigkeit von Bambusrohren und -stäben
Druckfestigkeit
in kN/cm²
Rohr
d= 60   d= 32
Stab

Parallel zur Faser 6,36    8,63 6,21
Senkrecht zur Faser 5,25-9,30
Druckfestigkeit von Bambus

Rohrabschnitte mit Nodien haben gegenüber Abschnitten ohne Nodien nur ca. 8% höhere Festigkeitswerte bei Druck parallel zur Faser. Bei Druck senkrecht zur Faser bringen Nodien eine Festigkeitssteigerung bis zu 45% gegenüber nodienlosen Rohrabschnitten.

19 Zugfestigkeitswerte von Bambusrohren und -stäben
Zugfestigkeit
in kN/cm²
aus d= 80 aus d= 30
Äußere Faserschicht min 30,68
max 32,73
min 35,74
max 38,43
Innere Faserschicht min 14,84
max 16,33
min 13,53
max 19,47
Ganze Wanddicke min 16,27
max 21,51
min 23,25
max 27,58
Bambusrohrabschnitt Nodienhaltig 22,77
Nodienlos 29,11

Zugfestigkeit von Bambus

Die Bambusaußenhaut ist wesentlich zugfester als die Innenhaut, und schlanke Rohre sind dickeren Rohren in Relation zur Querschnittsfläche überlegen. Mit diesen Ergebnissen wird auch die größere Biegefestigkeit von dünnen Rohren gegenüber dicken erklärt; bei dicken Rohren ist der Flächenmäßige Anteil der zugfesteren Außenhautfasern am Gesamtquerschnitt geringer. Bambusmaterial aus dem oberen Halmdrittel besitzt eine um ca. 12% geringere Zugfestigkeit als Material aus der Halmbasis. Nodienstellen wirken sich bei Zugbeanspruchung festigkeitsmindernd aus > 21, 22, 23.
20 Zugfestigkeit von einigen organischen Materialien im Vergleich
Art kN/cm²
Nadelhölzer 5-15
Laubholz 2-26
Seide 35
Bambus 12-40
Irischer Flachs 60-110

21 Elastizitätsmodul von Bambusrohren bei Druckbeanspruchung
ED Elastizitätsmodul-Druck kN/cm²
mm d= 100 d= 80 d= 70
min 1.519 1.890 1.650

Elastizität von Bambus

Schlanke Bambusrohre oder Stäbe davon aus der Rohrwand haben dicken Materialien gegenüber höhere Festigkeitswerte in Relation zur Querschnittsfläche. Die Häufung der hochfesten Faserstränge in der Wandaußenzone wirken bei der Elastizität ebenso festigend wie bei Zug-, Scher- und Biegebeanspruchungen. Wie bei Massivholz reduziert sich auch der Elastizitätsmodul von Bambus mit wachsender Beanspruchung (5-10%). Für Berechnungen von Konstruktionen kann ein E-Modul von 2.000 kN/cm² eingesetzt werden > 21, 22, 23.
22 Elastizitätsmodul von Bambusrohren und -stäben bei Zugbeanspruchung
EZ Elastizitätsmodul-Zug kN/cm²
mm d= 90 d= 80 - Stab
min 1.700 1.790 1.400 1.700
max 2.200 2.410 3.160 1.800
23 Elastizitätsmodul von Bambusrohren bei Biegebeanspruchung
EB Elastizitätsmodul-Biegung kN/cm²
mm aus d= 100 aus d= 70 aus d= 30
Stabaußenfaser zugseitig 1.690 2.270 3.250
Stabinnenfaser zugseitig 1.360 1.890 -
Bambusrohre 1.700-2.200 -

24 Biegefestigkeitswerte von Bambusrohren und -stäben [?]
Biegefestigkeit kN/cm² [?]
mm d= 100 d= 80 d= 70
min 1.519 1.890 1.650

Biegefestigkeit von Bambus

Atrops untersuchte für Baustoffe übliche Bambusmaterialien: Rohrdurchmesser 70-100 mm, Wanddicken 6-12 mm bei Stützweiten von 3,60 m. Die elastischen Durchbiegungen waren min=1/25,9; max=1/16,1; Mittel 1:20,1 der Stützweite. Dort, wo in der Konstruktion eine Durchbiegung unvermeidbar und störend ist, könnten die frisch geschlagenen Bambusrohre erst einer Vorbiegung (Überhöhung) unterzogen werden, die sich später unter der Nutzlast wieder ausgleicht > 24.

25 Scherfestigkeit von Bambusrohren und -stäben
Scherfestigkeit kN/cm²
Stab min 1,69 max 2,31 Mittel 1,98
Rohr min 1,47 max 2,22 Mittel 1,67

Scherfestigkeit von Bambusrohr

Vor allem für die Gestaltung der Bambusrohrverbindungen ist die Berücksichtigung des Scherwiderstandes wichtig. Die Angaben unter ‚Stab' betreffen Probekörper als Rohrwandstreifen zweischnittig, unter ‚Rohr' betreffen ganze Rohrabschnitte vierschnittig. Der Einfluß des Scherflächenabstandes ist unbedeutend, aber die Scherfestigkeit nimmt bei wachsender Scherflächenlänge ab. Bei 10 mm Wandstärke ist die Scherfestigkeit etwa 11% geringer als bei 6 mm Wandstärke; bedingt durch die Verteilung der hochfesten Faseranteile pro Querschnittsfläche, vgl. Druck, Zug, Biegung. Die Tabellenwerte stammen von Internodienmaterial. Die Werte für Nodienmaterial liegen um ca. 50% höher > 25.

Testergebnisse

Bambus im Test
26 Bambus im Test

Doktorarbeit von Jules Janssen
Download Promotion im PDF-Format, Englisch, 238 Seiten 4,21MB - ZIP-File
In seiner Doktorarbeit vom 19. Mai 1981 beschrieb Jules Janssen die enorme Effizienz des Materials Bambus. Aufschluß über die Nachhaltigkeit von Bambus gibt ein Vergleich der Energiebilanzen verschiedener Baustoffe (also die Energie, die benötigt wird, um eine Einheit eines Baustoffs einer bestimmten Belastbarkeit zu produzieren):
27 Energy, needed for production, compared with stress when in use
material energy for production
MJ/kg
weight per volume
kg/m³
energy for production
MJ/m³
stress when in use
kN/cm²
ratio energy per unit stress
(1) (2) (3) (4) (5) (4)/(5)
concrete 0,8 2400 1920 0,080 24.000
steel 30,0 7800 234000 1,600 150.000
wood 1,0 600 600 0,075 8.000
bamboo 0,5 600 300 0,100 3.000
The figures in table 27 are not exact, they give only an order of magnitude. From last column, however, it can be seen that steel and concrete make a heavy demand on a large part of the energy ressources of the 'missile' Earth, contrary to wood and bamboo.
In fact this table should be enlarged with the lifetime of the materials concerned.
Anhand des folgendem Beispiel vergleicht er die Materialeffizienz unterschiedlicher Baustoffe anschaulich:
28 The bridge has been calculated on 0,75 kN plus dead weight
29 Efficiency of materials in the bridge of 28
material stress
kN/cm²
cross-
section
mm
deflection
mm
mass of
bridge
kg
Concrete
(reinforced)
0,10 40x100 9,0 32
Steel 1,60 30x30 31,0 13
Wood 0,10 35x100 15,0 6
Bamboo 0,10 d=80-100 7,5 5
Bamboo and wood are also efficient in bending, because only 5 or 6 kg are required compared with 13 or even 32 kg for steel or concrete.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist das Verhalten von Bambus unter außergewöhnlich hohen Beanspruchungen wie sie bei Erdbeben oder Orkanen festzustellen sind.
Gauss-Kurven
30 Gaussian curves of stresses
The behaviour of bamboo in an earthquake or a cyclone, which in fact is a dynamic overloading. It's behaviour in overloading can be seen in Fig.30, where Gaussian curves are plotted for stresses in concrete, steel and wood plus bamboo, in such a way that the 'stress in use' is the same value in each plot. In case of an earthquake or cyclone, the stress increases, and from this figure it can be seen that steel will fail before concrete does. Fig.30 is statical only; in fact it should be enlarged with the dynamic aspects, i.e. the surface under the stress-strain-diagram.
When all the steel has failed, and 80 percent of the concrete, only 10 percent of the wood and bamboo has failed, and the remaining 90% is still present.
However, sometimes earthquakes and cyclones are followed by fire, due to stoves falling on the floor, and this destroys wood and bamboo as well.
An advantage of bamboo, not taken into account in the previous text, is the absorption of energy in the joints. In the static loading on the trusses it will be found that 85% of the deformation is due to the joints and only 15% to the elastic of the material.
Bambusgerüste
31 Baugerüste aus Bambus
Bambus wird auch für große, offene und exponierte Konstruktionen benutzt - etwa für Baugerüste (> 31), Wellenbrecher, Leitungssysteme, Brücken oder als Überdachung öffentlicher Räume. Manche Völker bauen aus Bambus zeremonielle Strukturen, die einen geheiligten Raum markieren und als Versammlungsort dienen.
Spektakulär sind die Baugerüste aus Bambus, wie sie seit jeher in asiatischen Ländern benutzt werden. In boomenden Metropolen wie Hong Kong oder Shanghai wachsen diese Gerüste teilweise bis zu 70 Stockwerke hoch und für Außenarbeiten an oberen Stockwerken improvisiert man scheinbar frei schwebende Gerüste.
Nach einem Taifun sieht man in asiatischen Großstädten oft das gleiche Bild: die Stahlgerüste sind zerstört, während die Bambusgerüste, zwar etwas verzogen, stehengeblieben sind. Kein Wunder, denn die Gerüste aus Bambus sind um ein Vielfaches elastischer als vergleichbare Strukturen aus Stahl.

Belastbarkeitstest von guadua angustifolia am Technologischen Institut in Costa Rica
erarbeitet in Zusammenarbeit mit Prof. Janssen vom Eindhoven Technology Institut, 1989
Spezifisches Gewicht 0,82
relative Feuchte 10%
Beanspruchung auf Durchbiegung, MOR 14,48 kN/cm²
Elastizitätsmodul, MOE 1.760 kN/cm²

Belastbarkeitstest von guadua angustifolia an der Universität Valle, Cali mit CIBAM in Palmira, Kolumbien
durchgeführt unter der Leitung von Architekt Oskar Hidalgo Lopez, damals auch an der Universidad National Bogota, sowie Ing. Jose Villar y Ing. Patricia Imery.
Die Vorgehensweise orientiert sich an der Veröffentlichung von Motoi Otta: 'Studies on the properties of Bamboo Stem'.
32 Testergebnisse
kN/cm² min max Durchschnitt
Elastizitätsmodul
65 Proben
1.350 2.770 2.150
Längsdruck, parallel
76 Proben
ohne Knoten: 2,26
mit Knoten: 2,62
7,05
6,36
3,93
Zugbelastung, parallel
163 Proben
ohne Knoten: ????
mit Knoten: 12,17
32,13
20,68
19,19
Spaltbarkeit
27 Proben
0,45 1,44 0,93
  • Zu diesen Versuchen wurden 13 Exemplare zwischen 9 und 13 cm Durchmesser und 17 bis 23 Metern Länge ausgesucht, gewachsen auf etwa 1000 m NN und einem mittleren Wanddurchmesser unten von 22 und auf halber Höhe von etwa 10 mm. Das Alter der Stangen war zwischen 9 Monaten und 7 Jahren, was im wesentlichen den großen Unterschied der Daten erklärt. Aus jeder Stange wurde die Probe aus vier festgelegten Höhen genommen.
  • Am Schnitt eines solchen Zylinders unterscheidet man eine dunkle äußere Zone mit dichtgedrängten Fasern von etwa 30% und eine weiße, innere, porige Zone von 70%. Die äußere Zone ergab eine Zugfestigkeit von 20,52 kN/cm², die innere dagegen nur 7,06 kN/cm².
  • Im Knotenbereich ist die Faseraufteilung dagegen durchwachsen und ergibt einen Mittelwert von 11,75 kN/cm². Dieser Knoten, oder Ring hat auch eine höhere Spaltbarkeit, aber:
  • Möglicherweise wegen der geringen Höhe der Proben in den Druckversuchen - die Zylinder hatten 10-fache Länge des Durchmessers - konnte nicht bestätigt werden, daß der Knoten die Festigkeit erhöht.
  • Gegen alle Erwartungen und früherer 'Forschungen' nahm die relative Druckfestigkeit mit der Höhe über Grund geringfügig zu, die Basalproben waren am kleinsten.
  • In den meisten Fällen nahm die Druckfestigkeit mit dem Alter zu. Auf Druck hielten Einjährige 2,61 kN/cm² und 6-jährige 7,05 kN/cm² aus. Auf Zug gab es aber Verwunderung bei einem Einjährigen mit 32,06 kN/cm². Die Zugfestigkeit nahm bei 5-6 Jährigen deutlich ab.
  • Veränderungen der Dimensionen bei der Befeuchtung über den Fasersättigungspunkt, zum Beispiel beim Kontakt mit frischem Mörtel, führen insbesondere bei weichen, jungen Fasern zu reichlich Wasseraufnahme. Älterer Bambus dagegen variiert erheblich weniger. Die Dimensionen des Zylinders variierten maximal 5% und der Wanddurchmesser bis zu 13%, bei 24-stündiger Befeuchtung jedoch nur 2,5% im Zylinder und 5% in der Wand.
  • Simón Vélez persönlicher Erfahrung nach ist aber nur eine Haarfuge zu sehen und der Schwund ist unwesentlich für die Festigkeit der Injektion. Die Gegenwirkung von Rohrumfang und Wanddurchmesser könnten die Ursache sein, außerdem übernehmen ohnehin nur die Internodien den Druck des Mörtelzylinders
  • Zusätzliche Bemerkungen
  • Die Prüfergebnisse von Costa Rica werden von den Kolumbianischen übertroffen, CIBAM in Zusammenarbeit mit der Universidad del Valle, Cali (1000 m über NN) hat ein Elastizitätsmodul von 2.130 kN/cm² erarbeitet, andere Proben in Medellin (1800 m) und der Kaffeeregion 1400-1700 m NN weisen noch höhere Werte auf.
  • Außer der Meereshöhe hat das Alter der Stangen einen großen Einfluß auf die Verkieselung der Gefäße und führt zu erheblicher Zunahme der Druckfestigkeit.
  • Die Lage der an den Baustellen verwendeten Bambussektion im Bezug auf die Gesamthöhe einer Guaduastange, hat großen Einfluß auf Wandstärke und Rißfreiheit, ebenso die Bodenbeschaffenheit und die Feuchtigkeit des Bodens.
  • Die Hohlkörper des frisch gefällten Bambus stehen manchmal voller Wasser. Für Baumaßnahmen müssen die Stangen daher erst langsam getrocknet werden und dann je nach Krümmung, Durchmesser, Gewicht und Klangprobe ausgesucht werden.
  • Konstruktiver Holz- und Bambusschutz ist eine Jahrhundert-Garantie für dieses Material, es gibt in Manizales über hundert Jahre alte Bauwerke mit unbeschädigtem Guadua. Die jahrelange Erfahrung der Handwerker und der Architekten, ganz besonders Simón Vélez garantieren die Ausführung unter Berücksichtigung all dieser Konditionen.

  • Doktorarbeit von Oscar Antonio Arce-Villalobos
    vom 21.Sep.1993
    Download Promotion in PDF-Format, Englisch, 281 Seiten 6,55MB - ZIP-File
    Rechtwinklige Krafteinleitung
    Aufgrund der axialen, unidirektionalen Ausrichtung der Fasern ist das Material Bambus nicht besonders für rechtwinklige Krafteinleitungen geeignet. So beträgt im Durchschnitt der Elastizitätsmodus in Querrichtung nur 1/8 des E-Moduls in Richtung der Fasern. Das Material ist also wenig geeignet, um solche Kräfte aufzunehmen, da es sehr schnell aufbricht. Dabei sind die Bambusarten Guadua s.p. und Bambusa Blumeana am ehesten geeignet, quer auftretende Kräfte aufzunehmen. Einen charakteristischen Wert der beiden Spezies zu ermitteln, war jedoch nicht möglich. Ebenfalls unmöglich war es dem Autor, einen Zusammenhang von aufnehmbarer, quereinwirkender Kraft und der Dichte des Materials herauszufinden. Jedoch steht fest, dass der äußere, dichtere Bereich des Bambushalmes eher in der Lage ist, solche Kräfte aufzunehmen, und dass Risse in dichteren Faserbereichen mehr Energie benötigen, um sich fortzusetzen.
    33 State of stresses of a specimen under frictionless compression

    Parallele Krafteinleitung
    Im Gegensatz zu den quereingeleiteten Kräften, konnte bei axial eingeleiteten Kräften ein Zusammenhang von Stabilität und Dichte herausgefunden werden. Je dichter die Fasern sind, desto widerstandsfähiger ist das Material. Jedoch weisen die Nodien als schwächstes Glied nur eine Festigkeit von 40% (im Vergleich zu den Internodien) auf. Dafür verleihen die Nodien dem Bambus eine hohe Elastizität, ihr E-Modul ist 40% geringer als das der Internodien. Wird eine Kraft axial eingeleitet, so wird diese vom äußeren Bereich des Bambusquerschnitts aufgenommen. Dieses führt zu ungleichmäßiger Verteilung des Drucks, so dass sich Spannungen aufbauen > 33. Während die äußere Schicht sich tangential ausdehnt, so zieht sich das Innere zusammen. Dieser Druckunterschied kann zu radialen Rissen führen, in Bild 33 oben rechts durch Pfeile angedeutet. Obwohl Arce-Villalobos nicht das Verhalten des gesamten Halms unter senkrechter Krafteinwirkung untersucht hat, so stellt er jedoch heraus, dass wegen Ausbeulung und Knickgefahr das verbaute Material so kurz wie möglich gehalten werden soll. Das Material der Spezies Bambusa Blumeana weist eine Druckfestigkeit von 27,0 kN/cm² auf, jedoch ist mit diesem Wert keine Berechnung des gesamten Halmes möglich, da die Nodien (Druckfestigkeit 7,9 kN/cm²) und die Form des Halmes den Wert beträchtlich herabsetzen. Es wird geschätzt, dass durch die genannten Beeinflussungen die durchschnittlichen Werte um bis zu 80% vermindert werden können. Einen positiven Effekt haben die Nodien dennoch, sie vermindern die Ausbeulung des Materials dadurch, dass sich die Fasern, ähnlich einer mehrfachgekrümmten Fläche, zur Halmmitte hin biegen, und somit dem System eine gewisse Stabilität verleihen. Versuche, die herausstellen sollten, wie sich das Material unter Kompression verhält, gestalteten sich äußerst schwierig. Reibung und Steifigkeit der Versuchseinrichtungen führten oft zu falschen Ergebnissen. Arce-Villalobos achtete dabei sehr darauf, die Versuche unter möglichst realen Bedingungen durchzuführen, was aber nahezu unmöglich war. Weitere Forschungsarbeiten sind hier notwendig um das Material exakter bestimmen zu können. Besonders die ungleichmäßige Form, die Nodien und die hohe Artenvielfalt seien Schwachpunkte, die das Material noch "unberechenbar" machen.

    ZERI-Pavillion zur EXPO 2000, Simón Vélez
    ZERI-Pavillion Die wesentlichen tragenden Materialien für den Pavillion sind Bambus (guadua angustifolia), Holz (aliso), Baustahl, Betonstahl und Beton. Die Baustoffe Stahl und Beton sind geregelte Baustoffe. Für die übrigen Materialien fehlen gesicherte Kenntnisse.
    An der FMPA Stuttgart wurden deshalb Versuche zur Ermittlung folgender Kennwerte durchgeführt:
  • mechanische Kennwerte für den Bambus (guadua angustifolia)

  • mechanische Kennwerte für das Holz aliso (alnus acuminata)

  • Tragfähigkeit der Verbindungen der Bambusrohre über Mörtel und Stahl
  • Zugversuch
    35 Zugversuch
    Biegeversuch
    36 Biegeversuch

    An der FMPA Stuttgart wurden ganze Bambusrohre geprüft und im Mittel mechanische Kennwerte ermittelt > 37.
    Die Bambusrohre zeigen bei Druckbeanspruchung ein gutmütiges Tragverhalten. Es erfolgt kein schlagartiges Ausknicken oder Ausbeulen der Wandung.
    Bei den Biegeprüfungen waren Schubbrüche die häufigste Versagensart. Diese wurden begünstigt durch extreme Trocknungsrisse parallel zur Stabachse.
    Im Bereich hoher Schubbeanspruchung wurden daher die Internodien der Bambusstäbe mit Beton ausgegossen. Im Falle eines Schubversagens verbleibt im ungünstigsten Fall immer eine Resttragfähigkeit von zwei Querschnittshälften.
    Bei fehlenden Schwindrissen wurden Biegetragfähigkeiten von ca. 9,5 kN/cm² erreicht.

    37 Ermittelte mechanische Kennwerte Guadua und "Vergleichswerte" (Rechenwerte zur Bemessung!)
    Materialkennwerte in kN/cm² Guadua Vollholz Nadelholz S10
    (DIN 4074 T 1)
    Baustahl St 37
    (DIN 18800/Eurocode)
    E-Modul, (Druck || Faser) 1.840 1.000 21.000
    E-Modul, (Biegung) 1.780 30
    E-Modul, (Zug || Faser) 2.070 1.000
    ßD (Druck || Faser),
    Lambda= 10
    5,6 0,85 21,8
    ßD (Druck || Faser),
    Lambda= 56
    3,9
    ßD (Druck || Faser),
    Lambda= 86
    2,7
    ßB(Biegung) 7,4 1,0 21,8
    ßT(Schub) 0,43 0,09 12,6
    ßZ (Zug || Faser)
    (indirekt ermittelt aus den Biegeversuchen)
    >=9,5 0,7 21,8

    Bruchverhalten

    Biegebruch
    38 Rissebildung wird in Faserrichtung abgelenkt, Biegebruch
    Das Bruchverhalten des herkömmlichen Bauholzes unterscheidet sich vom Bruchverhalten des Bambus. Hier erfolgt beim Reißen einzelner Fasern kein spontaner Bruch durch das ganze Material (Rohr). Die auftretenden Risse werden sofort in Faserrichtung abgelenkt und beeinträchtigen damit weniger die Festigkeitsgefährdete Stelle > 38. Der Energiezufluß ist durch Zerstreuung verzögert. Die entstehenden Längsrisse werden an ihrer Ausbreitung über die gesamte Rohrlänge durch die Verstärkungsknoten (Nodien, Diaphragmen) gehindert. Besonders die Druck-, Scher- und Spaltfestigkeit wird durch das Knotenmaterial erhöht. Derartige Symptome werden als Steigerungsfaktoren der Bruchzähigkeit bezeichnet. In der Forschung bei modernen Verbundwerkstoffen versucht man auch weniger die Rissebildung zu unterbinden, als vielmehr einer Risseausbreitung durch geeigneten Materialaufbau entgegenzuwirken. Nach Cooper wird die Brucharbeit vom Verhältnis der Faserfestigkeit zur zur Matrixfestigkeit sowie der Bindefestigkeit zwischen Fasern und Matrix maßgebend beeinflußt. Dabei muß eine Verbesserung der Bruchzähigkeit meistens mit einer Verminderung der Festigkeit quer zu den Fasern erkauft werden (Totalspaltung, unbegrenzte Längsspaltbarkeit von Internodien).

    Schlagbruchverhalten von Bambusrohr
    Die zum Durchschlagen eines Bambusrohres verbrauchte Arbeit A:f (mkp/cm²) bleibt nahezu gleich, ob der Schlag den Knoten oder den Schaft trifft. Die Brucherscheinung selbst ist jedoch ganz verschieden. Beim Schlag auf den Knoten zerspringt das Rohr in axiale Streifen; Bruch infolge Überwindung der Festigkeit in Faserquerrichtung > 39. Beim Schlag auf das Internodium erfolgt das eigentliche Abbrechen; Bruch infolge Überwindung der Zugfestigkeit der Faserlängsrichtung > 40. Die Werte der Bruchschlagarbeit (D=30 mm; d=4 mm) liegen bei 2,65 mkp/cm². Da es sich hier um einen Rohrkörper handelt, wird damit mehr die Gestaltfestigkeit benannt und kann deshalb mit dem Wert von Fichte (0,5 mkp/cm²) nicht direkt verglichen werden.
    Schlagabruch in Nodienbereich
    39 Schlagabruch in Nodienbereich
    Schlagabruch in Internodienbereich
    40 Schlagabruch in Internodienbereich

    Zusammenfassung

    Fabrikhalle-Simón Vélez
    41 Fabrikhalle in Pensilvania (Kolumbien) im Bau, Simón Vélez, 1993
    Bambusmaterial ist mit seinen mechanisch-technischen Eigenschaften unserem Bauholz weit Überlegen; aber nur eine sachgerechte, handwerklich saubere Bearbeitung und Anwendung lässt diese Vorteile zur Wirkung kommen.
    Noch in den achtziger Jahren verglich der Niederländer Jules Janssen den Erkenntnisstand über die mechanischen und technischen Eigenschaften von Bambus mit der Situation des Holzbaus vor ca. 100 Jahren, als eine handwerkliche, auf Tradierung basierende Verwendung von Holz zu stabilen, jedoch oft überkomplizierten und verschwenderischen Bauten führte. Der Schritt von einem Low-Tech-Material zu einem innovationsträchtigen Baustoff, den Holz bereits vollzogen hat, stehe Bambus noch bevor. Eine Vertiefung der Forschung führt dazu, den Materialbedarf zu senken und gleichzeitig Standards für eine sinnvolle Verwendung dieses neuen Materials zu entwickeln.

    Die in der nebenstehenden Tabelle aufgelisteten Werte sind durchschnittliche Materialkennwerte von Bambus 'guadua angustifolia'. Aus Sicherheitsgründen sollte man annehemen, dass die zulässigen Grenzspannungen zur statischen Berechnung von Tragwerken 50 % unter den Materialkennwerte liegen > 42!

    42 Durchschnittliche Materialkennwerte von Bambus
    'guadua angustifolia'
    kN/cm²
    E-Modul 2.000
    Zug 15,0
    Druck Knicklänge = 3,22 m
    2,09 m
    0,37 m
    2,7
    3,9
    5,6
    Biegung
    (bei fehlenden Schwindrissen)
    10,0
    Schub 0,9
    d = 12 cm ; d i = 9 cm
    A = 50 cm2
    W = 100 cm3
    I = 700 cm4




    Und abschließend noch zwei Tabellen zum Vergleich verschiedener Holzarten (> 43, 44).

    43 Verschiedene Holzarten im Vergleich
    Rohdichte
    Lufttrocken, r15, in g/ccm
    Brinellhärte
    bei 10% Holzfeuchte
    Bambus 0,7 4,0
    Olivenholz 0,84 4,6
    Rotbuche 0,84 4,6
    Esche 0,68-0,76 3,2
    Eiche 0,65-0,76 3,4
    Birke 0,65-0,73 2,7
    Walnuß 0,64-0,68 2,8
    Ahorn 0,61-0,66 2,6
    Ulme 0,60-0,68 2,7
    Kastanie 0,56-0,68 1,9
    Kirsche 0,56-0,68 1,9
    Kiefer 0,51-0,55 1,9
    Eukalyptus 0,50-1,10 3,4
    44 Mechanisch-technologische Eigenschaften von Bambus im Vergleich zu anderen Holzarten in kN/cm²
    E-Modul Druckfestigkeit Zugfestigkeit Biegefestigkeit Scherfestigkeit
    Bambus 2.000 6,20-9,30 14,84-38,43 7,63-27,60 1,98
    Hickory 1.670 5,20 15,50 11,90 1,10
    Birke, gemeine 1.650 4,30 13,70 12,50 1,20
    Hainbuche 1.620 6,60 13,50 1,30 0,85
    Rotbuche 1.600 6,30 13,50 12,50 1,50
    Lärche, europ. 1.380 4,70 10,70 9,90 0,90
    Mahagoni, amerik. 1.350 5,00 - 9,90 1,04
    Esche, gemeine 1.340 4,40 16,50 1,20 1,28
    Eiche 1.300 6,50 9,00 10,00 1,10
    Teak 1.300 6,80 11,90 10,50 0,90
    Walnuß, europ. 1.250 7,20 10,00 14,70 0,70
    Kiefer, gemeine 1.200 5,50 10,40 10,00 1,00
    Erle 1.170 5,50 9,40 8,50 0,45
    Ahorn 1.130 5,30 10,00 11,70 0,90
    Tanne 1.100 4,70 8,40 7,30 0,50
    Fichte 1.100 5,00 9,00 7,80 0,67
    Pappel 8,80 3,50 7,70 6,50 0,65
    Birkenbaum 790 4,60 21,70 8,34 -
    Linde 740 4,40 8,50 1,06 0,45
    Okumé 300 3,40 2,50 8,20 -
    Balsa 260 0,80 7,50 1,60 0,20







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    erstellt am: 8.01.2001   zuletzt geändert am: 13.01.2002   Autor: Christoph Tönges